Joe Jackson
Night Music
Joe Jackson, Virgin 72438 3988020
„Je älter ich werde, desto dümmer komme ich mir vor“, singt Joe Jackson, „ich weiß nicht, wo’s lang geht.“ Das kann man hören. Jackson hat einfach keine Ahnung, was er schreibt, warum er es schreibt oder wo er stilistisch hin will: Bruce Springsteen oder Pete Townshend, Cole Porter oder Leonard Bernstein zu Zeiten der „West Side Story“. „Night Music“ ist, trotz aller pseudo-klassischen Politur (Streicher und Holzbläser und eine Sopranistin), die seine ach so tragischen Hymnen und die affektierte Nabelschau seiner Selbstzweifel-Songs mit einer Extraschicht Pathos überlegt, ein Sammelsurium halbverdauter musikalischer Ideen, das Jacksons großspurige Behauptung, en,betrete „eine Welt des Unbewußten“, um dort „Wahrheiten und Geheimnisse zu finden“, kaum rechtfertigt.
In den Abgründen der Seele liegt nämlich auch eine Menge Müll herum, und Joe scheint von seiner Reise ins Unbewußte keine Schätze, sondern nur allen möglichen schlecht zusammenpassenden Plunder mitgebracht zu haben. Um ein ähnlich unbedarft eklektisches und gleichzeitig überbordend ehrgeiziges Album zu finden, muß man schon zu Van Dyke Parks „Song Oye“ zurückgehen, das aber durch seine psychedelischen Charme wenigstens noch einen gewissen historischen Wert besitzt.
Jacksons ewiges Problem ist, daß er sich so schrecklich wichtig nimmt – auch wenn er in Wort und Ton nur Klischees absondert. Die „klassischen“ Arrangements mit ihren prosaischen Harmonien übertragen seine Keyboard-Lines einfach auf ein breiteres Instrumentarium und sind so banal, daß sich jeder Musikstudent dafür schämen würde. „Only The Future“ scheint aus Abfallprodukten von „Pinball Wizard“ und Bernsteins „Something’s Coming“ zu bestehen. Vier „Nocturnes“ halten das grandiose Konzept zusammen – oder füllen die Löcher, an denen Joe die Songs ausgingen. „Stimmungsmusik“ nennt man sowas.