Zwing sie zum Tanzen! Ja, Panik live in Wien
Einen Abend lang war das Wiener Brut Libertatia: die Wahl-Berliner Ja, Panik kamen am 1. Dezember für ein Konzert nach Hause.
Eine kratzige Orgel ertönt, und jeder, der das wohl wichtigste deutschsprachige Album der letzten Dekade nicht verpasst hat, weiß sofort: Wir sind in Trouble, aber so richtig deep. Für einen Abend sind wir, die an den Küsten Europas Hängengebliebenen, so frei und verklären diese grimmige, kleine Stadt zu Libertatia, wollen aber ausnahmsweise – man ist ja unter sich- auf Thesen, Theoreme und Dekonstruktion verzichten.
Denn: dass Ja, Panik mittlerweile lieber Style Council als The Jam sind, wissen wir längst. Und dass das Shore in Berlin auch nicht groß anders schmeckt als jenes am Schottentor, sowieso. Deshalb: dem Moloch die eigene Melodie vorsingen und ihn zum Tanzen bringen. Und ruhig auch einmal die Mundwinkel nach oben verziehen. Oder so etwas ähnliches.
Man ist der alten Heimat wohlgesonnen. Ein wenig leise und gar anschmiegsam hat man sich den Sound an diesem Abend schon eingerichtet. Und dass „DMD KIU LIDT“ wohl nicht kommen wird, dieser grandiose überlange Teufel von einem Song, das war eine 50:50-Angelegenheit. Aber auf „Nevermind“ verzichten? Da haben Spechtl & Co wohl einen Bob Dylan gefrühstückt.
Dafür eine grandiose Version von „Alles Hin, Hin, Hin“, „Au Renoir“, „Dance The ECB“. Drei Zugaben. Und: den Gospel ganz am Ende, Spechtl höchstpersönlich haut in die Tasten. Die Band gibt den Chor, Spechtl den Priester. Und immer wieder: „I was sleeping in a room with my soul left out“. Crescendo, Bruch, Klimax.
Oder am Ende doch nochmal Nevermind? Große Band, große Songs.
Der Gospel ist aus, es heißt raus in den Regen. Heißt es eben wieder: die Boots rausholen, und mal schauen, was da draussen so geht. Nur halt: dieses Land hier ist es nicht.