Neu im Plattenregal
Hier nun wie jede Woche der virtuelle Einkaufszettel für den wöchentlichen Gang zum Neuheitenregal, dargereicht mit Videos, Rezensionen, Albenstreams und was das Netz so hergibt. Diesmal mit vielen großen Namen wie Neil Young, Eric Clapton und Jerry Lee Lewis.
Athlete – „Singles 01-10“
Bei dieser Band aus London ist es vielleicht eine ganz gute Idee, nun eine Singles-Kollektion zu veröffentlichen, denn irgendwie haben es Athlete bisher eher geschafft, mit einzelnen Songs einen Eindruck zu hinterlassen. Die an Coldplay und Co. geschulten „Wires“ und „Tourist“ aus dem Jahre 2005 ließen zwischenzeitlich gar mal hoffen, sie könnten es auch mal in die Arenen schaffen, nachdem das sonnige „El Salvador“ zwei Jahre zuvor eher ein Indiehit blieb. Damit geht in diesem Fall auch die Gleichung auf, dass die Singles-Collection als Best of verstanden werden kann. Hier noch einmal ihr „Hit“, der es sogar in die schreckliche Formatradioplaylist geschafft hat:
Bad Religion – „The Dissent Of Man“
Wenn es eine Band gibt, die es sich in ihrem Sound gemütlich gemacht hat, dann sicherlich diese. Andererseits muss man im Punkrock auch nicht auf jedem neuen Album mit großen Innovationen, außergewöhnlichen Drum-Rhythmen und progressive Soundexperimenten kommen. Der Hochschullehrer Greg Graffin, Epitaph-Labelchef Brett Gurewitz und ihre Kollegen klingen also wie sie klingen. Hier kann man das Album momentan komplett im Stream hören.
Eric Clapton – „Clapton“
Bei uns konnte man ja vier Songs schon vorab hören. Aber Achtung, Spoiler! Joachim Hentschel vergibt in der kommenden Ausgabe lediglich zweieinhalb Sterne für das neue Clapton-Album, auf dem Clapton alte Songs neu aufwärmt: „Ein Grundproblem seines Werkes ist ja das Hin- und Hergerissensein zwischen der historischen Pflicht, in die der Blues ihn genommen hat, und der Suche nach dem persönlichen, ungezwungenen Ausdruck – da bringt ihn auch diese Platte nicht groß weiter.“ Uff. Was Eric Clapton zu seiner Verteidigung zu sagen hat, erfährt man hier:
Leonard Cohen – „Songs From The Road“ (CD)
Diese Stimme. Dieser Mann. Diese Geschichte. Man muss über die weiter anhaltende Großartigkeit des Leonard Cohen keine Worte mehr verlieren. Dass er sich auch in den letzten Jahren als wunderbarer Live-Künstler auf der ganzen Welt empfohlen hat, dürfte sich inzwischen ebenso herumgesprochen haben. Nachdem schon im vergangenen Jahr ein Londoner Konzert von ihm komplett als Video und Audio veröffentlicht wurde, folgt mit „Songs From The Road“ nun eine Art Best of der Tour – in Film und in Audioform. „Lover, Lover, Lover“ in Israel gespielt, „Bird On The Wire“ in Schottland, „The Partisan“ in Helsinki and so on. Hier gibt es einen Kurzfilm zur Veröffentlichung.
Ben Folds/Nick Hornby – „Lonely Avenue“
Die sehr gelungene Kollaboration mit dem Schauspieler William Shatner alias Captain Kirk auf dem Album „Has Been“ ist noch gut in Erinnerung, Ben Folds seitdem unermüdlich an Solo- und Nebenprojekten schusterte, da kommt er mit dem Schriftsteller Nick Hornby („High Fidelity“, „About a Boy“) um die Ecke, der die Texte zu „Lonely Avenue“ schrieb. Das Ergebnis kann sich, wie unser Autor Jörn Schlüter findet, durchaus hören lassen: „Folds wird diese Platte nach den Anstrengungen seines letzten regulären Albums (bei dem ihm ein professioneller Produzent arg zusetzte) als Spaziergang im Park empfunden haben. Da kommen die Texte, hier steht das Klavier – bereits für Folds‘ Platte mit William Shatner hat das gut funktioniert. Folds wendet seine sehr guten Standards an, übt sich noch mehr in 70s-Soft-Rock, addiert McCartney- Harmonien und analoge Synthies.“ Die vollständige Albumkritik ist in der Oktober-Ausgabe unseres Magazins zu lesen.
Jimmy Eat World – „Invented“
Rezensent Jörn Schlüter konstatiert in unserer kommenden Oktoberausgabe, die auffälligste Veränderung sei, „dass Jimmy Eat World den Pop wichtiger nehmen als bislang. Eine Handvoll Lieder sind nur noch wegen der Gitarren dem Rock-Lager zuzuordnen, der Sound wird insgesamt mellow und gefälliger, aber auch großherziger.“ Großherziger ist ein Adjektiv, andere werden allerdings auch Worte wie: flacher, beliebiger, mainstreamiger finden. Oder, um es mit dem Titel des ersten Songs zu sagen: „Heart Is Hard To Find“. In diesen Liedern, die mit vielen Streichern und Bläsern und Gitarrenspuren aufgeblasen sind, wird genau das immer schwieriger. Auf der Mypsace-Seite der Band kann sich nun jeder eine eigene Einschätzung abholen.
Cindy Lauper – „Memphis Blues“
Wer dieser Tage nicht alles zu seinen Wurzeln zurück will… Ob es sich bei Cindy Lauper tatsächlich um ihre musikalischen Ursprünge handelt und wie authentisch das ist, darüber grübelt zumindest unser Rezensent Max Gösche in der kommenden Oktober-Ausgabe und vergibt zweieinhalb Sterne: „Girls just wanna sing the blues! Doch Lauper kriegt ihn partout nicht – da hilft kein Barmen und Krächzen. Das soulige „Shattered Dreams“ steht ihr besser. Die Musiker imitieren Stax- und Motown-Klänge, indes die, ähm, Chanteuse unbeholfen, aber mit Verve agiert.“
Jerry Lee Lewis – „Mean Old Man“
The Killer is back, mal wieder. Und kein bisschen weiser ist er geworden. Nächste Woche begeht Jerry Lee Lewis seinen 75. Geburtstag. Seine erste Platte erschien im Jahr 1957 und hieß „Jerry Lee Lewis“, sein neues Album trägt den Titel „Mean Old Man“. John Hiatt nahm vor zwei Jahren ein Platte mit dem Titel „Same Old Man“ auf. Doch während sich Hiatt in immer rustikalere, archaische Country- und Bluesgefilde begibt, entstaubt Lewis wieder seinen Piano-Rock’n’Roll. Das ist altersbedingt naturgemäß mehr Rock als Roll. Dazu trägt auf „Mean Old Man“ nicht zuletzt ein Schar von Gastmusikern bei, darunter Mick Jagger, Eric Clapton, Tim McGraw, Kid Rock, Slash, Sheryl Crow, Merle Haggard, Solomon Burke, Ringo Starr und Willie Nelson. Hier noch mal in seiner nicht ganz so frühen Schaffensphase 1969 live in Toronto:
Jerry Lee Lewis (Live Toronto 1969)
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Tim Robbins – „Tim Robbins And The Rogues Gallery Band“
Dass Robbins ganz formidabel singt, konstatiert nicht nur unser Online-Redakteur Daniel Koch, sondern auch RS-Autor Jörg Feyer. In seiner Rezension im Oktoberheft des Rolling Stone schreibt er: „Schon erstaunlich, wie souverän Robbins trotz offenkundig begrenzter Vocal-Kapazität den eigenen Ton und ins rechte Rollenfach findet.“ Zum Nachhören gibt’s hier den Song „Queen of Dream“ for free.
Omar Rodriguez-Lopez Quartet – „Sepulcros De Miel“
Er war der Gitarrist von At The Drive-In, er ist Mitbegründer der Indie-Prog-Rocker Mars Volta und er jamt regelmäßig mit den Red Hot Chili Peppers John Frusciante und Michael „Flea“ Balzary. Auch mit seinem Quartet kämpft sich Omar Rodriguez-Lopez durch Prog-Rock, Jazz und Salsa. Auf „Sepulcros De Miel“ ergänzt er sein Terrain um ein paar elektronische Spielereien. Das dürfte zum apathischen Mähneschütteln genauso geeignet sein wie zum Meditieren. Ein Joint kann dabei nicht schaden. Hier ein kleiner Album-Überblick:
Mark Ronson & The Business Intl – „Record Collection“
Der in New York lebende Produzent und DJ stellte sein Können bereits in den Dienst von Künstlern wie Christina Aguilera, Amy Winehouse, Lilly Allen und Robbie Williams. Auf „Record Collection“, seinem dritten Solowerk, kreuzt er Soundcollagen, Hip-Hop und seichten Synthie-Pop. Leider ist der Sommer schon vorbei. Vier Songs des Album gibt’s auf Ronsons Website zu hören, dazu das Video zu „The Bike Song“:
Soundgarden – „Telephantasm“
Pünktlich zur Reunion bieten die Grunge-Pioniere mit „Telephantasm“ eine umfassende Retrospektive. Auf zwei CDs und einer DVD mit Videos blicken Chris Cornell und Co auf ihre Schaffensphase zwischen 1984 bis 1997 zurück. Von den düster dräuenden Anfängen in Songs wie „Beyond The Wheel“ und „Hands All Over“ bis zu zeppelinesken Spätwerken wie „Birth Ritual“ und „Black Rain“. Auf jeden Fall glänzt „Telephantasm“ mit dem wahrscheinlich grauenhaftesten Cover-Artwork des Jahres. Soundgarden live mit „Beyond The Wheel“:
Tricky – „Mixed Race“
Tricky ist auch im Jahr 2010 noch der Eigenbrötler, der auf jedem Album erneut versucht, der Kategorisierung seiner Musik zu entkommen. Mit „Mixed Race“ dürfte ihm das noch einmal gelungen sein, auch wenn sich Tricky immer weiter ins Abseits befördert. Rezensent Alexander Müller ist das allemal drei Sterne wert: „Überhaupt lässt sich konstatieren, dass Tricky diesmal Spannung und Tempo hoch hält. „Mixed Race“ ist zwar nur knapp eine halbe Stunde lang, dafür aber sehr dicht, abwechslungsreich, nervös flirrend und teilweise tanzbar – ein zwielichtiger Soundtrack voller gefährlicher Verlockungen.“ Den Albenstream gibt es hier. In der nächsten Woche auf www.rollingstone: Tricky im Interview.
Neil Young – „Le Noise“
Man kann es eigentlich nicht mehr hören, die Feedbackgewitter des Neil Young. Und trotzdem ist man nach den ersten Tönen von „Le Noise“ – wohl eine Anspielung auf die Zusammenarbeit mit Produzent Daniel Lanois – etwas verdutzt. So brachial und düster ging es bei Young in den letzten 25 Jahren nur auf dem Live-Doppelalbum „Weld“ und ein paar Stücken seines 89er Comback-Triumphs „Freedom“ zu. Jan Wigger lässt sich davon jedoch nicht täuschen, vergibt nur zweieinhalb Sterne und schreibt: „Das ordentliche „Walk With Me“ klingt mit Feedback-Sperenzchen und Telefonpiepen aus, doch McFly ist nicht zu Hause, sondern back in the days: „Hitchhiker“ ist einer dieser Uralt-Songs, die Young noch auf Halde hatte: „A little cocaine went a long long way/ To ease that different load/ But my head did explode/ My head did explode.“ So weit ist es noch nicht, doch auch hier ersäuft die einst so herzerweichend nackte Stimme in Hall und Echo. Für unsere Leser unter 50: Es gibt ein Tocotronic-Fragment namens „Meine Schwester“, auf der Ähnliches mit einfachsten Mitteln und dem schrulligen Produzenten Hans Platzgumer ganz natürlich funktioniert.“ Hier geht’s zum Videoclip zu „Hitchhiker“. Außerdem äußert sich Produzent Lanois in einem ausführlichen „Making of“.