White Rabbits: Ans Ende der Nacht
Wie die New Yorker Band White Rabbits dem Moloch Momente der Kontemplation abrang
Im folkigen Tierkollektiv zu Brooklyn herrscht eifriges Gewusel, Panda- und Grizzlybären streifen von Club zu Club und aus jedem Kellerverschlag lugt ein anderes Wesen. Echtes Pelz- und Federvieh sucht man indes vergebens: Die vermeintlichen Tierchen dienen Bands und Musikern als Moniker. Junge Männer mit Wuschelhaar und Dreitagebart sind das zumeist, und bisweilen tragen sie komische Hüte oder abgewetzte Lederjacken. Wieselflink stöbern sie im städtischen Dickicht auf der Suche nach dem neusten Sound. Die meisten kennen einander, da ist gegenseitige Inspiration nicht ausgeschlossen.
Auch die White Rabbits gehören dieser Spezies an. Vor vier Jahren zogen die sechs Freunde aus Missouri nach New York, um mit der gemeinsamen Band ihr Glück zu versuchen und sie sollten zunächst belohnt werden. „Wir spielten unser erstes Konzert in Manhattan und Aaron Romanello, der bis heute unser Manager ist und die erste Platte veröffentlicht hat, war zufällig da. Er hat uns vom Fleck weg engagiert“, erzählt Stephen Patterson, Sänger und Pianist der White Rabbits. Deren Debüt „Fort Nightly“ erschien 2007 beim Minilabel Say Hey Records.
Ein Werk, das auf höchst inspirierte Weise Indie-Rock mit Calypso-Elementen verknüpfte, also bestens in die durch Vampire Weekend angeregte Ethno-Euphorie jener Tage passte -und trotzdem oder gerade deshalb ein bisschen unterging. Locker gelassen haben die White Rabbits jedoch nicht: „Die letzten zwei Jahre waren wir fast ausschließlich auf Tour“, sagt Patterson und betont, dass sie eigentlich erst in dieser Zeit verstanden hätten, wie sie als Band funktionieren. Das Ergebnis dieser Lernphase, ist auf dem zweiten Album „It’s Frightening“ nachzuhören. Songs, die vom Rhythmus der beiden Schlagzeuger zehren, treibende Klanggebilde, beschwörend, spontan und direkt, um die sich die Melodien schlängeln und denen sich selbst der Gesang unterwirft. „Mit dem Beat beginnt jeder neue Song“, erklärt Patterson. „Wir verwenden ausschließlich analoge Instrumente, aber unsere Musik ist stark von Elektronik beeinflusst. Nur überlegen wir uns, wie man solche Rhythmusstrukturen analog umsetzten könnte.“ Geholfen hat ihnen dabei Britt Daniels, „It’s Frightening“-Produzent und Frontmann der texanischen Neokrautrocker Spoon. Gemeinsam schufen die Musiker so ein Werk, das seine Wirkung aus dem Kontrast zwischen dem Lärm der großen Stadt und einer unheimliche Stille bezieht. Der größte Teil der Aufnahmen entstand nachts in einem düsteren, feuchten Kellerraum in Brooklyn. „In den Pausen hatten wir diese gewaltige Stadt um uns herum, die komplett ruhig war. Es war beängstigend festzustellen, dass selbst New York mal schläft“.
Jacek slaski