John Lennon über Ausverkauf und Politik
In einem erst kürzlich komplett veröffentlichten Interview aus dem Jahre 1968 wehrt sich John Lennon vehement gegen Vorwürfe, die Beatles hätten sich verkauft - und er erteilt dem radikalen politischen Widerstand eine klare Absage. Das System von innen zu verändern, sei wirksamer.
In der aktuellen Ausgabe des britischen Politikmagazin „New Statesman“ erschien dieser Tage ein Interview mit John Lennon, das er vor über vierzig Jahren einem Uni-Magazin gab. In seinem Haus in Surrey sprach Lennon in Anwesenheit von Yoko Ono mit Maurice Hindle – damals Student der Keele University. Hindle hatte das Interview per Brief an ein Lennon-Fanmagazin angefragt und für das Studentenmagazin der Uni geführt, wo allerdings nur ein kurzer Auszug abgedruckt wurde. Das Interview fand vor dem Hintergrund deutlicher Ausverkauf-Vorwürfe gegen die Beatles statt.
Maurice Hindle, inzwischen als Autor und Dozent tätig, und gerade dabei, ein Buch über Lennon zu schreiben, erzählt in dem Artikel, wie er und ein Kommilitone Lennon besuchten: „Wir warteten vor der Weybridge Station auf ihn. Plötzlich kam ein Minicooper mit getönten Scheiben angerauscht und bremste mit quietschenden Reifen. Es war wie eine Szene aus ‚The Italian Job‘. Am Steuer saß Lennon, der ziemlich genau so aussah, wie auf dem Foto im ‚White Album‘. Wir quetschen uns in die Rückbank und John fuhr uns die holprige Straße zu seinem Haus hinauf. In einem Wohnzimmer im hinteren Teil des Hauses saßen wir dann im Schneidersitz auf einem dicken Indianerteppich um einen niedrigen Tisch herum. Yoko war dabei, sprach aber wenig. Dafür Lennon umso mehr. Ausgenommen einer kleinen Pause, in der uns Yoko makrobiotisches Brot und Marmelade servierte, redete er sechs Stunden lang.“
Der Grund für Lennons vor Wortschwall: Er war sauer über einen offenen Brief des Künstlers John Hoyland, der kurz zuvor im linken Magazin „Black Dwarf“ erschienen war. Der Brief warf den Beatles unter anderem Ausverkauf vor und kam zu dem Schluss, dass die Rolling Stones mehr umstürzlerisches Potential hätten als die Beatles. Lennon dazu: „Ok, wir haben die Pilzkopfsache mitgemacht, um hier hin zu kommen. Aber hier bin ich nun! Natürlich haben wir uns äußerlich verändert, aber ich mache immer noch genau das, was ich in der Schule gemacht, auf der Art School und als Beatle. Ich habe Kompromisse gemacht, aber zeigt mir einen, der das nicht getan hat. Ich war immer der Auffassung, dass es der beste Weg ist, im System zu bleiben, und es von innen zu verändern.“
Er sei der Meinung, das System sei zwar „ein Haufen Scheiße“, aber es einfach zu zerschlagen, bringe nichts. „Es bringt einen nicht weiter, einfach ein paar von den verdammten Tories umzuhauen“, so Lennon.
Den Artikel im „New Statesman“ kann man hier einsehen.