Booker T.: Neues Spiel, alte Freunde
Auf einem neuen Solo-Album belebt Booker T. Jones alte Rock-Vorlieben und Freundschaften.
Mitunter muss Neil Young gar nicht körperlich anwesend sein und ist doch präsent. Weshalb Booker T. Jones, 64, auf die Frage, wann der prominente Mitstreiter denn dazugestoßen sei, die bemerkenswerte Antwort gibt, eigentlich sei das erst letzten Sommer gewesen, doch „unterbewusst war Neil schon viel früher dabei“.
Spätestens nämlich seit März 2008, als der Organist die ersten Demos für sein Comeback-Album „Potato Hole“ erstellte. „Weil ich mich dabei an die Musik erinnerte, die Neil und ich in den frühen Neunzigern zusammen gemacht hatten, vor allem an diesen Sound, den er damals aus seiner Les Paul holte- funky and rebellious. Ich liebe diesen Sound, und so steckt er jetzt halt auch in einigen dieser Songs.“
Young und der Mann aus Mississippi, der mit seinen MG’s als Stax-Hausband Memphis-Soul-Größen wie Otis Redding begleitet und dazu schon mit 17 unsterbliche Instrumental-Hits wie „Green Onions“ aus seiner Hammond B3 geschüttelt hatte, waren sich im Herbst 1992 beim „30th Anniversary Concert“ für Bob Dylan im New Yorker „Madison Square Garden“ über den Weg gelaufen. Schon wenig später tourte Young mit Booker T, den Rest-MG’s Steve Cropper und Donald „Duck“ Dunn sowie Drummer Jim Keltner durch Europa.
Und auch als 2002 das Ego-Geschwader mit Crosby, Stills und Nash wieder für eine US-Tour abhob, war Jones erste Wahl- als musical director? Er lacht in ein Telefon irgendwo in Marin County, Kalifornien, wo er seit vielen Jahren lebt, auch wenn er Memphis immer noch als eigentliche Heimat bezeichnet. „Ich muss lachen, weil mir jeder auf dieser Tour einen anderen Spitznamen gab. Aber sie waren wohl ganz froh, dass ich dabei war. Nicht gleich als Richter (lacht), aber doch als eine Art Mediator, den alle respektierten. Ihre Musik ist ja nur so großartig, weil sie so starke Persönlichkeiten sind. Da gibt es schon mal Meinungsverschiedenheiten.“
Weniger Zoffpotenzial lag in der aktuellen Zusammenarbeit mit den Drive-By Truckers. „Das ist eine Southern Rock-Band, aber es gibt schon Verbindungspunkte. Neil Young zum Beispiel. Aber ihr Sound gefiel mir auch unabhängig davon. Und dass Patterson Hood Davids Sohn ist, war natürlich auch toll.“ David wie David Hood, einst Bassist der Muscle Shoals Rhythm Section in Alabama, die alte Session-Konkurrenz der MG’s. „Als Konkurrenten haben wir uns nie gesehen“, rekapituliert Booker T. „Zumal wir beide für Atlantic arbeiteten. Es gab da auch keine großen Unterschiede in der Studioarbeit.“ Noch heute, so Jones, bekämen seine MG’s den Credit für manchen Song, den die Muscle Shoals eingespielt haben.
Dass Booker T. Jones mit Neil Young und den DBT’s eine kräftige Rock-Schlagseite entwickelt, mag viele überraschen- den achtfachen Vater selbst nicht. „Die Muse hatte freie Bahn“, sagt Jones. „Obwohl ich lange nur R&B gespielt habe, bin ich seit vielen Jahren auch Rock-Musiker. Wenn Otis Redding länger gelebt hätte, hätten wir vielleicht auch Rock-Platten zusammen gemacht.“ Indes: „Redding stand auf die Stones, ich eher auf Blind Faith.“ Und die könnte wohl selbst Neil Young nicht wieder zusammenbringen.
Jörg Feyer