Mal mir eine Sonne auf mein Mäppchen oder Lange Zungen in Aspik

Klaus Johann Grobe – ein Bandname, den man gerne auf Mäppchen, Schulpulte, olle Armeejacken und Toilettenkachelungen kritzeln möchte! Vielleicht schreibe ich nächste Woche aber auch über etwas ganz anderes. Nur soviel ist sicher: Es wird nicht mehr um Robert Fripp gehen.


Folge 57

Zu Beginn mal eine Frage, die wirklich niemanden interessiert: Schreiben Schüler eigentlich noch Bandnamen auf Mäppchen, Sitzpulte und Jacken? Also, zumindest das mit den Jacken glaube ich verneinen zu können. Das liegt aber schlicht daran, dass die heute von jungen Menschen getragenen Jacken einfach nicht zum Beschreiben taugen. Doch was ist mit den Mäppchen? Vielleicht haben Sie ja selbst Kinder, die gerade in jenen Alter sind, da man Mäppchenbekrakelungen für eine identitätsstiftende Sache hält, und können in dieser Angelegenheit weiterhelfen.

Als ich ein junger Knabe war, da war bei mir alles total vollgekritzelt. Mit dem AC/DC-Logo. Überall malte ich den Schriftzug hin, perfekt mit allen Rändern und Schattenwürfen. Ich frage mich: Hat die Weltbekritzelung mit Bandnamen womöglich gar erst mit dem AC/DC-Schriftzug begonnen? Neulich fragte ich das nicht nur mich, sondern einen ein paar Jahre älteren Freund. Der wusste zu berichten, dass er schon im Jahr 1973 die auf dem Cover des King-Crimson-Albums „Lark’s Tongues in Aspic“ abgebildete Sonne überall hingemalt habe. (Einschub: Ich dachte immer, das Album hieße „LARGE Tongues in Aspic“. Gut, dass ich noch einmal nachgeschaut habe, sonst wäre mir der Hohn und Spott aller Prog-Anhänger auf Jahre sicher gewesen. Wobei: Vielleicht hätten mich die Prog-Anhänger ja auch für meinen Fehler verehrt, bei den Prog-Anhängern weiß man ja nie. Jetzt ist er aber auch vorbei, dieser blöde Einschub hier …).

Auf meine Bemerkung, das sei aber sehr interessant, dass er schon so früh Band-Firlefanz – und dann auch noch King-Crimson-Band-Firlefanz – auf all seine (und vermutlich nicht nur seine) Besitztümer gepinselt habe, bemerkte der Freund nur kurz: „Ja, aber ich war ja auch ein Spinner.“ Ein ebenfalls anwesender, über zehn Jahre jüngerer Herr wusste dem Gespräch beizusteuern, dass er sich des Tragens eines T-Shirts der Gruppe Body Count mit dem Aufdruck „Born To Kill“ auf der Waldorfschule rühmen könne. Der King-Crimson-Herr und ich schnalzten zwar kurz anerkennend mit unseren Aspik-Zungen, merkten dann aber rasch an, dass das jetzt doch nicht so ganz zum Thema passe.

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Der AC/DC-Schriftzug war aber auch einfach perfekt, um ihn überall hinzumalen. Vielleicht sind es ja doch nicht die Jacken, die sich nicht zum Beschreiben eignen. Vielleicht taugen ja die heutigen Bandschriftzüge auch einfach nichts. Eine ebenso spontan wie oberflächlich durchgeführte Recherche meinerseits bestätigt dies. Vielleicht könnten ja bessere Bandschriftzüge die Musikindustrie retten? Irgendwer sollte mal drüber nachdenken.

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Infos für alle Listen-Freunde: Robert Fripp, Gitarrist der oben erwähnten King Crimson, wurde im Jahr 2011 vom Rolling Stone auf Platz 62 der Liste der „100 Greatest Guitarists of All Time“ gewählt. Im Jahr 2003 war er noch auf Platz 42. Es muss seither, so nehme ich an, eine Flut begnadeter Supergitarristen gegeben haben, die an mir gottlob vorbeigerauscht ist. Ich trete Supergitarristen traditionell mit Skepsis gegenüber, mehr noch als Heiratsschwindlern. Aber Robert Fripp muss nicht alterszerknirscht in seinem Chateau sitzen und sich über den Absturz auf Platz 62 grämen, schließlich ist er auch auf Platz 47 der von der Firma Gibson veröffentlichten Liste „Top 50 guitarists of all time“ zu finden. Sollte man je die „100 schlechtesten Musiker aller Zeiten“ wählen wollen, würde ich gerne zu dieser Liste etwas beitragen.

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Ich würde ja jetzt gerne über etwas ganz anderes schreiben, aber dieser Robert Fripp lässt mich grad nicht los: 1986 heiratete er die britische Sängerin Toyah Wilcox, die in den Achtziger Jahren eine nicht unbeträchtliche Menge an UK-Hits hatte. Die ersten 19 Jahre ihrer Ehe lebte das Paar überwiegend getrennt auf zwei Kontinenten: Fripp in den USA und Wilcox in Großbritannien. Man sah sich insgesamt höchstens 12 Wochen pro Jahr. Ich weiß tatsächlich gar nicht, was ich mit dieser Information anfangen soll, aber sie berührt mich auf seltsame Art.

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Jetzt verrate ich Ihnen noch etwas, was Sie definitiv nicht wissen, vielleicht aber auch gar nicht wissen wollen: Vor ein paar Jahren interviewte ich mal für ein Buchprojekt den Sänger Heinz Rudolf Kunze. Kunze rauchte Zigarillos und führte ein Herrenhandtäschchen mit sich. Und jetzt kommt’s. Angesprochen auf sein Früh-Achtziger-Outfit verriet mir der Musiker, wer damals seine Stil-Ikone gewesen sei: Robert Fripp!

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Auch nächste Woche wird es hier wieder einen neuen Text geben. Vielleicht handelt er von dem tollen Schweizer Kraut-Pop-Duo Klaus Johann Grobe, das ich schon alleine wegen seines Namens verehre. Überhaupt: DAS ist doch wirklich mal ein Bandname, den man gerne auf Mäppchen, Schulpulte, olle Armeejacken und Toilettenkachelungen kritzeln möchte! Vielleicht schreibe ich aber auch über etwas ganz anderes. Nur soviel ist sicher: Es wird nicht um Robert Fripp gehen.

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