Die Tränen eines Clowns

Die kunstvollen Lieder von Emiliana Torrini entstehen nicht selten auf beinahe mysteriöse Weise.

Warum will einem nach einem Gespräch mit Emiliana Torrini „Tears Of A Clown“ nicht mehr aus dem Kopf gehen, der Smokey Robinson& The Miracles-Hit? Vermutlich weil man lange genug in ein Gesicht geschaut hat, das selbst dann noch ein Lächeln verspricht, wenn die Frau dahinter gerade todtraurig ist.

Was sie oft war in den letzten acht Jahren, nachdem ihr Freund vor dem gemeinsamen Umzug nach New York bei einem Unfall aus dem Leben und ihrer Liebe gerissen wurde. „Im Kino“, sagt Torrini mit diesem lustigen Englisch-Akzent der Isländer, „ist es immer nur ein Jahr. Dann triffst du jemanden, und alles wird wieder gut.“ Doch was, wenn Frau allein ein gutes Jahr braucht, um ihre Erinnerung wiederzugewinnen?

Doch ist es nicht nur die private Tragödie, die Torrini mit „Me And Armini“, ihrem dritten Album innerhalb von einer Dekade, nicht eben als besonders produktive „Songschreiberin aus Versehen“ (Eigeneinschätzung) dastehen lässt. Auch wenn nebenbei schon mal ein Hit („Slow“ für Kylie Minogue) abfiel. Unkonzentriert sei sie oft, auch ein „langsamer Entwickler mit einer perfektionistischen Haltung“, und „sehr selbstzerstörerisch“ am Werk obendrein.

„Bei diesem Album war die Frage: Will ich noch mal auf diese Achterbahn steigen? Oder nicht doch herausfinden, ob ich einfach mal Spaß haben und das rauslassen kann, was gerade raus will? Ein Song wie ‚Jungle Drum‘- da hätte ich früher gleich gesagt: Nein, geht nicht!“ Dan Carey hätte das schon früher nicht gesagt. Ohne ihren sonst auch für Hot Chip und Franz Ferdinand aktiven Co-Autor und Produzenten und diese „gute Dynamik zwischen uns“ wäre Torrini vermutlich gar nicht bis zum dritten Album gekommen.

Wenn sie mal wieder rumflattert, ist er, wie stets, „superfokussiert“. Wenn sie einen Song wie „Birds“ schon aufgeben will, weil ihr nicht alles gleich vor die Füße fällt, verfrachtet er sie zwecks Vollendung zur Schreibklausur ins alte Cottage seines Vaters in Oxford. Torrini wiederum kann auch Carey zusetzen, wenn er „mal wieder übertreibt mit den geliebten Echo-Gerätschaften und allgemein Überproduktion droht- oder schon da ist und wieder zurückgefahren werden muss“.

Von Songs, die „ohne großes Zutun geboren werden wollen“ spricht Torrini- was, sagt sie selbst lachend, schon „ziemlich New-Age-mäßig“ klinge. „Aber manchmal sitzen Dan und ich wirklich da und denken: Was ist da gerade passiert? Als ob die Erinnerung daran schon erloschen wäre. Haben wir geklaut? Oder ich sitze da und sehe die Figuren wie im Kino.“

Jörg Feyer

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