Fluch der schnöden Technik
Elektronik mit süßer Emo-Soße ist der Gewinner in den Single-Charts 2012. Einzig die Toten Hosen konnten mit „Altes Fieber“ dagegenhalten
Spätestens seit Ende November stehen sie wieder palettenweise in den Läden: Doppel-CDs mit expliziten Titeln wie „Best of 2012 – Die Hits des Jahres“, geadelt durch die Logos knalliger TV-Stationen. In einem Rutsch lässt sich hier durchhören, was im Mainstream-Segment funktioniert, oder besser: gezündet hat im abgelaufenen Jahr. Etwa „I Follow Rivers“ von Lykke Li aus dem südschwedischen Ystad. Ein hymnisches Ding im klassischen Stomper-Rhythmus, das gleichermaßen in der Großraumdisco und beim Trendbarbier funktioniert, aber auch in der Halbzeitpause bei Werder Bremen. Diverse Remixe von amtlichen Underground-Helden sorgen zudem für Versatilität. Geliebt von pop-affinen Kindern und junggebliebenen Müttern, gehört die gute Lykke Li zu den hellen Erscheinungen am aktuellen Hitparaden-Firmament. Ebenfalls signifikant, aber dann schon eher grenzwertig, sind all jene uffjepumpten Elektroklopper von Owl City, Swedish House Mafia oder Timati & La La Land. Bei deutschen Künstlern wird daraus dann ein „Sonnentanz“ (Elektro mit Wohlfühl-Saxofon) oder einfach nur „Freundschaft“ von Glasperlenspiel. Das absurd zusammengesetzte Substantiv ist übrigens klarer Sieger in den Bandnamen-Charts. Da wirken Die Toten Hosen aus einem anderen Jahrtausend.