Vor dem Danach
ES WAR DAS ANDERE 1977. Während im CBGBs an der Bowery bereits die Punks polterten und mit der Eröffnung des Studio 54 die grellste Zeit der Disco-Ära begonnen hatte, drehte eine alte Hippie-Legende noch einmal auf. The Grateful Dead spielten fünf ausverkaufte Abende im New Yorker Palladium. Die angereisten Deadheads erlebten mit Veröffentlichung des Albums „Terrapin Station“ eine künstlerische Häutung -die wenigsten mochten dies. Die Hells Angels bretterten bis in die Garderoben, und verlangten mit gezückten Messerchen, dass die Band „Truckin'“ spielen sollte. John Belushi tauchte unangekündigt auf, um mit den Dead einen zu rauchen. Doch auf der Bühne verlegte sich die Band auf konzentrierte Shows. „Die Leute wollten nicht glauben, dass wir es waren“, erinnert sich Gitarrist Bob Weir. „The Dead ohne falsche Noten.“ Der epische Titelsong, „Estimated Prophet“ mit Reggae-Einschlag, das krachige „Fire On The Mountain“: Nun dokumentiert die 14-CD-Box „May 1977“ die überraschenden Liveshows dieses Frühlings. „A new dead era is upon us“ lautete der Werbespruch zur Tour. „Es war wie ein Manifest: Jeder von uns wollte klarmachen, dass wir mehr sind als eine verrückte Psychedelia-Hippieband“, sagt die damalige Sängerin Donna Jean Godchaux. Vor dem Danach, in den 60er-und frühen 70er-Jahren, hatte ihre massive Wallof-Sound-Touranlage ein Loch in die Kasse gefressen, und war das bandeigene Label zum Fiasko geworden. Notgedrungen unterschrieben The Dead bei Clive Davis‘ Firma Arista. Sie akzeptierten den Pop-Produzenten Keith Olsen, der Fleetwood Mac in Millionen-Dimensionen gemixt hatte. Olsen schleppte die Band ins „Sound City“-Studio im San Fernando Valley und „knallte mit der Peitsche“, erinnert sich Percussionist Mickey Hart, „doch uns gefiel das – es hat unsere Sinne geschärft!“ In Mac-Dimensionen stießen die Dead allerdings nie vor. Und so wie auf dem Foto links sind sie uns noch immer am liebsten.