Blanke Rebellion

SCHON WIEDER FEMEN! DIESMAL IN Robert Thickes unzensiertem Videoclip zu „Blurred Lines“. Da laufen sie von rechts nach links und von links nach rechts durch das Bild! Und da: Femen bei „True Blood“! Jede Menge! Nur dass sie nichts raufgeschrieben haben, auf ihre Brüste oder waren das womöglich doch keine echten Femen? Sakra, das ist aber auch schwer. Die Frau jedenfalls, die gerade auf dem „Zeit Campus“-Cover ihre Brüste zeigte, auf denen „Bin ich politisch?“ steht, ist garantiert eine Femen-Frau, und kein Tutti-Frutti-Fan: Das Cover ist bei Facebook gelöscht worden, inklusive der Kommentare. Anderswo, beispielsweise bei der Berichterstattung zur Eröffnung des Barbie-Traumhauses in Berlin, blieben die Bilder der demonstrierenden jungen Frauen dagegen im Netz, und auch die entsprechenden Bemerkungen. Tenor der (vermutlich) männlichen, heterosexuellen Poster: geil, nackte Möpse.

Aber so ist es. Eine Reaktion ist besser als keine Reaktion, und wenn in der Unterzeile des Hingucker-Busenbildes eine in Tunesien inhaftierte Frauenrechtsaktivistin erwähnt wird, hat man einen Aufmerksamkeitsmarker mehr. Und es geht den Femen schließlich keinesfalls um den exhibitionistischen Aspekt, sondern um die Verbesserung der Situation jener Frauen, die vielleicht nicht selbst demonstrieren können.

Oder wollen. Was nämlich das Problem ist: Was machen Femen, wenn die Menschen, für deren Rechte sie gegen die Kleidungskonventionen verstoßen, und den Automatismus der Mehrheit der heterosexuell geprägten Männeraugen ausnutzen, wenn jene Frauen also diese Art des Protestes zum Kotzen finden? Wie die Muslimas in Berlin, die im April beim von Femen ausgerufenen „Topless Jihad Day“ wütend in Burka und Kopftuch zurückdemonstrierten? Schwierig. Oder was passiert, wenn Femen ihre Oberkörper gegen legale Prostitution blitzen lassen? Und wenn sie dann auch noch „Arbeit macht frei“ an die Hamburger Herbertstraße schreiben? Uiuiui. Da will man denen doch zur Strafe am liebsten einen dicken Rollkragenpulli überziehen. Einen dunkelblauen Troyer. Mit Reißverschluss bis an die Nasenspitze.

Eine genauere, ausführlichere, femenintern abgenickte Zieldefinition täte also Not, damit sich im Vorfeld geeinigt werden kann, ob man seinen Busen tatsächlich für unterdrückte Menschenrechte, oder über die Köpfe mündiger Bürgerinnen hinweg schwenkt. Aber so etwas stoppt natürlich immer den Aktionismus. Dabei wäre es doch hübsch, mal wieder mit Flugblättern oder selbst gedruckten „Femenzines“ überrascht zu werden, die Verfasserinnen dürften ja auch trotzdem jede Menge Aktfotos abbilden, damit die Handouts garantiert mitgenommen werden! Zwischen den Oben-ohne-Bildern könnte man herrlich in einer ganz kleinen Schreibmaschinenschrifttype diskutieren, alle kämen zu Wort, und keine müsste sich erkälten. Außerdem hatte der „Playboy“ ja angeblich auch mal richtig tolle Reportagen zwischen den Centerfolds. Was keineswegs ein gewagter Vergleich ist: Denn schließlich sehen die Aktivistinnen tatsächlich immer so aus wie schreiende, nude geschminkte Topmodels oder eben Heidi Klums Mädchen, nur mit fünf Zentimeter Bikinitopstoff weniger. Das war bei der Aktion zum „Germany’s Next Top Model“-Finale im Mai richtig verwirrend. Dagegen hülfe, dass zur Abwechslung ein paar ältere oder voluminösere Frauen blank zögen, und zum Beispiel ihre Stillbusen entblößten. Einfach nur der Vielfalt wegen, und damit niemand den mutigen Damen mit der Begründung, sie hätten schließlich eh perfekte Körper, ihre Chuzpe abspricht.

Vielleicht sollte man die Suche nach entspannten, betagteren Femen-Aktivistinnen in den FKK-Gebieten der Ex-DDR an der Ostsee beginnen. Ein paar unbeeindruckte Freikörperkultur-Freundinnen mit Politvergangenheit könnte man garantiert mitschnacken. Das Körperentblößen (und das BH-Wegwerfen) hat ohnehin zumindest in der linken Politikgeschichte Tradition, aber Uschi Obermaier war wohl doch keine Femen-Frau, eher Rainer Langhans.

Sind die Femen-Kommandos eigentlich je erfolgreich? Hat sich etwas an einem der angeprangerten Zustände geändert? Hm, das Barbie Dreamhouse steht noch. Aber -es geht kaum eine hin.

Im nächsten Monat kommt der Typewriter wieder von Uwe Kopf.

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