Apples iPad: Eine technische Revolution oder bloß ein zu großes iPhone?
Apple schafft es immer wieder: Sobald Steve Jobs himself ein neuen Ableger seiner Produktfamilie vorstellt, sehen viele nicht weniger als die Ankunft einer technischen und digitalen Revolution. So auch im Falle des iPads, das nun in San Francisco präsentiert wurde.
„Ain’t that cool?“ und „it’s very very easy“ – die zwei Schlüsselsätze der gestrigen iPad-Präsentation im Yerba Buena Center of the Arts in San Francisco. Steve Jobs, der mal wieder in seinem legeren Turnschuhe-Jeans-Pullover (scharz)-Outfit auf der kargen Bühne saß, sprach sie fast beiläufig, als er mit dem tablettartigen iPad auf dem Schoß zeigte, wie man dieses neue, vermeintliche Wundergerät bedient. Tatsächlich bringen diese beiden simplen Feststellungen die Stärke der Apple-Produkte auf den Punkt: Sie werden als cool empfunden, weil ihr klares, simples Design sofort an dieses Adjektiv denken lässt, und sie können immer wieder mit einer simplen, intuitiven Benutzerführung punkten. Jeder, der einmal verstanden hat, wie ein iPhone funktioniert, findet eine geradezu kindische Freude an dem schnell vertrauten Fingerspiel.
Und genau da setzt nun dieser Tablet-Rechner namens iPad (alle technischen Infos gibt’s hier) an: Wie man in den Auszügen der Präsentation unten sehen kann, ist er salopp gesprochen eine Art vergrößertes iPhone. Oder genauer: eine Verschmelzung von iPhone und MacBook. Jobs fand dafür natürlich blumigere Worte: “ Das iPad ist unsere fortschrittlichste Technologie in einem zauberhaften und revolutionären Gerät zu einem unglaublichen Preis,“ sagte der CEO von Apple. „Das iPad schafft und definiert eine völlig neue Gerätekategorie, welche die Nutzer mit den Anwendungen und Inhalten auf eine viel intimere, intuitivere und spaßigere Art und Weise miteinander in Verbindung treten lässt als jemals zuvor.“
Das sind natürlich die Zitathappen, die wie für eine Pressemitteilung gesprochen sind, treffender ist vielleicht seine spontane Feststellung: „Man hält das Internet direkt in seinen Händen.“ Jobs stellte bei seiner Präsentation vor allem die unterhaltsame Komponente heraus, surfte über eine Applikation der New York Times, schaute sich ein HD-Video auf Youtube an, zeigte ein Foto-Slide-Show mit passendem Soundtrack und ließ Electronic Arts ihr Spiel „Need for Speed“ auf dem iPad vorführen.
Damit ist klar, dass Jobs das iPad in erster Linie als Unterhaltungsmaschine und Medienplattform sieht. Und das wiederum entzückt die Unterhaltungsindustrie ebenso wie die Medienwelt. Das Technikmagazin „Wired“ kommentierte dazu schon im Vorfeld recht treffend: „Apple will Inhalte-Anbietern eine neue Plattform bieten, auf der sie Bücher, Magazine und Online-Content neu erfinden können – und ihnen eine neue Gelegenheit geben, Geld zu verdienen.“ Im Gegenschluss muss man dazu allerdings auch fairerweise behaupten: Apple bietet seinen Usern eine Gelegenheit Magazininhalte und eBooks ganz neu zu erleben.
Und hier wird’s dann wiederum spannend: Würde sich das iPad, das in seiner kleinsten Version ab Ende März für rund 500 Dollar zu kaufen sein wird, tatsächlich durchsetzen, könnten Zeitungsapplikationen, wie es sie z. B. schon von Bild und Welt sehr erfolgreich gibt, auf einmal tatsächlich die gedruckte Tageszeitung vielleicht sogar ersetzen. Was auf einem kleinen iPhone-Display nämlich noch etwas unhandlich im Lesefluss ist, weil man ständig zoomen muss, dürfte auf einem iPad mit einer Bildschirmdiagonal von 25 Zentimetern vorzüglich funktionieren. Und wie wäre es zum Beispiel mit einer wöchentlichen Ergänzung zur Printausgabe des Rolling Stone Magazin? Ein Lesehappen mit aktuellen Kolumnen, den Erscheinungen und Filmstarts der Woche, Live-Kritiken, neuen Clips und exklusiven Videointerviews?
Damit pfeift man sicherlich noch Zukunftsmusik, aber wenn sich das iPad ähnlich durchsetzen sollte wie der iPod und das iPhone, wenn man Wege und Preise findet, die seine User überzeugen, dass auch digitale Medieninhalte Produktionskosten mit sich bringen und bezahlt werden müssen, und wenn natürlich die Magazine und Zeitungen Produkte anbieten, die in Sachen Qualität und Innovation punkten können, dann könnte es in den nächsten Jahren – vielleicht gerade mit diesem Produkt – sehr spannend werden.