Rocker im Anzug
Der US-Schauspieler Jeremy Renner liebt Guns N’Roses – und trifft Gitarrist Slash gelegentlich in der Karaokebar
Foto von Benno Kraehahn
Was an alten Platten so besonders schön ist: Sie katapultieren einen an bestimmte Orte zurück, in bestimmte Zeiten. Auf dem Backcover von „Appetite For Destruction“ zum Beispiel muss ich nur den Songtitel „Rocket Queen“ lesen – und schon sehe ich mich wieder in der Garage sitzen, als 17-Jähriger, bei uns zu Hause in Modesto, Kalifornien. Mit Achtziger-Haarschnitt, in einem schrecklichen bauchfreien Hemd, Shorts und hohen Turnschuhen, wie ich auf meinem billigen weißen Schlagzeug den Rhythmus dresche, während die Musik aus den Boxen donnert. Sarggroße Dinger, die ich selbst gebaut hatte, für meine Schülerband.
Damals, als MTV noch Rockvideos spielte, waren Guns N’Roses für mich das Größte. Was nicht heißen soll, dass ich sie als role models wahrnahm. An Halloween habe ich mich zwar als Rocker verkleidet, als Axl Rose oder Joe Elliott von Def Leppard, mit zerrissener Hose und Haarsprayfrisur. Aber insgeheim wusste ich, dass das nichts mit mir zu tun hatte. Mit der Band spielten wir eher Songs von George Harrison, Crowded House, Bob Seger. Einmal sind wir auch nach Hollywood gefahren, im Abschlussjahr. Auf dem Sunset Strip haben wir uns aber wie Touristen gefühlt. Das war der Grund, warum ich die Musik nicht weiterverfolgte: weil ich mir rechtzeitig eingestand, dass Kerle wie Guns N’Roses in einer ganz anderen Liga spielten als ich. Vor einigen Jahren durfte ich trotzdem vor großem Publikum „Sweet Child O‘ Mine“ singen, als Gast der Band Steel Panther, mit der ich befreundet bin. Slash bin ich mehrfach begegnet. In einer Karaokebar.