Eine Horde dänischer Hippies
Frederik Valentin wohnt im Hippie-Viertel Christiania – und arbeitet an diversen Projekten zwischen Elektro, Psychedelik und Wahnsinn
Es ist etwa 24 Monate her, dass Frederik Valentin auf der Suche nach Marihuana durch die verschneiten Straßen Brooklyns stapfte. Der Typ, der ihm schließlich Gras verkauft, heißt Earl, und nach zehn Minuten war klar, dass Earl nicht nur Valentins Vorliebe für Cannabis, sondern auch seine Bewunderung für Jimi Hendrix teilt und zufällig ein freies Zimmer hat. Valentin bleibt drei Monate lang, kifft und hört sich durch 20 Versionen von Hendrix‘ „Machine Gun“. So einfach funktioniert die Welt für den Dänen mit den großen blauen Augen und dem Hauch eines Schnurrbarts, der eher als Flaum zu bezeichnen ist.
Das blonde Haar des Musikers, Produzenten, Songwriters und Kapitäns des Projekts Complicated Universal Cum liegt an diesem Abend in zerzausten Strähnen um seinen Kopf – er wippt mit den Zehen, saugt an seiner Zigarette, und seine Arme unterstreichen seine Rede mit großzügigen Bewegungen. Seiner Rastlosigkeit hat er es zu verdanken, dass er mit seinen 27 Jahren schon ganz schön rumgekommen ist. Mit der Band Rock Hard Power Spray ist der Neo-Hippie durch die USA getourt, er hat fast überall in Europa gespielt, ist in China und Russland aufgetreten.
Von all seinen Projekten und Bands beschäftigt ihn Complicated Universal Cum zurzeit am intensivsten. Es ist ein großes Projekt, eines, das er durchaus philosophisch angegangen ist: „Ich habe festgestellt, dass alles nach demselben Muster funktioniert.“ Diese Erkenntnis hat er in Bandnamen und Songs verpackt und auf dem Doppelalbum „Hello, Exit, Harmony“/“Before F After C“ veröffentlicht. Das Ergebnis liegt zwischen psychedelisch verschlungenem Space-Sound und Rock’n’Roll. „Man kann alles Mögliche machen, während man meine Musik hört – kochen, reden, miteinander schlafen“, erklärt Valentin. Keiner seiner Songs bleibt unter drei Minuten, sein Instrumental-Album heißt ausgesprochen „Before Fucking After Clubbing“. Texte sind für ihn nebensächlich: „Es gibt schon genügend Typen, die versuchen, Dichter zu sein, und daran scheitern.“ Ihm fällt auch kein Musiker ein, der gute Texte schreiben kann – Bob Dylan lässt er gerade noch gelten.
Für CUC schöpft Valentin aus einem Pool von zehn Leuten – wer Zeit für einen Auftritt hat, der spielt mit. „Das klassische Band-Konzept langweilt mich“, sagt er.
Aus den Fenstern der Fabriketage, die Valentin in Kopenhagen bewohnt, kann man auf Christiania blicken und den Touristen dabei zusehen, wie sie ehrfürchtig durch den Freistaat schreiten. Hier hat sich Valentin ein kleines Studio eingerichtet. Wenn er nicht an Songs für CUC sitzt, produziert und schreibt er für seine anderen Bands. Manchmal dreht er auch Musik-Videos: Der Clip zu „I Can Hardly Wait“, in dem sich zwei hübsche Frauen vier Minuten lang küssen, hat ihm auf YouTube zehn Millionen Klicks eingebracht. lena ackermann