Der Herr von Mittelerde: Peter Jackson über „Der Hobbit“
Peter Jackson hatte Angst davor, die Regie bei "Der Hobbit: Eine unerwartete Reise" zu führen. Sean Woods sprach mit ihm über die nächste epische Fantasy-Trilogie, für die J.R.R. Tolkien die Vorlage lieferte.
Es ist fast ein Jahrzehnt vergangen, dass Peter Jackson den letzen Teil der „Herr der Ringe“-Trilogie fertig stellte. Die Filme kosteten drei Milliarden Dollar, bescherten Jackson zahlreiche Oscars und machten ihn zu einem der gefragtesten Hollywood-Figuren überhaupt: Als der nerdige Außenseiter, der seinen eigenen Weg in das große Blockbuster-Universum fand. Aber seit diesem triumphalen Moment hat Jackson, heute 51, nur zwei Filme abgedreht: „King Kong“ (2005) und „In meinem Himmel“ (2009), beide sehr erfolgreich, aber nicht annähernd in dem Maße wie es der „Herr der Ringe“ war. Jackson hatte zudem seine Finger bei diversen anderen Kassenschlagern im Spiel, hat mit „District 9“ einen der besten Sience-Fiction-Thriller der Gegenwart produziert, das gleiche schaffte er mit Steven Spielbergs „Die Abenteuer von Tim und Struppi „. Jetzt nach Jahren des Streitens, einem bankrotten Studio, dem ständigen Wechseln der Regisseure und scheinbar endlosem Stillstand, kehrt Jackson mit „Der Hobbit. Eine unerwartete Reise“ endlich in J.R.R. Tolkiens Mittelerde zurück. Dabei setzte er auf sein Team aus „Der Herr der Ringe“: Er arbeitete mit seiner Frau, Fran Walsh, und Phillipa Boyens, Produzent des Films, der Jackson auch beim Schreiben des Skriptes half. Am wichtigsten aber ist die Rückkehr Sir Ian McKellens als Gandalf. Sean Woods sprach mit Peter Jackson für den amerikanischen ROLLING STONE. Hier gibt’s einen kleinen Auszug aus dem Gespräch.
Wie haben Sie es bei dem Film geschafft, die Grundstimmung von „Der Herr der Ringe“ beizubehalten, ohne in eine Geschichte für Kinder abzudriften?
Ich wollte einfach nicht zu einem anderen Filmemacher werden. Ich wollte nicht sagen müssen: „Ok, ich bin nicht mehr der Regisseur, der ‚Der Herr der Ringe‘ gemacht hat. Ich bin jetzt der Regisseur, der einen Kinderfilm macht, also ändere ich meinen Stil.“
Bilbo ist einer der größten Faulenzer. Aber im Laufe der Geschichte verändert er sich. Trifft das auch auf Sie zu?
Ich kann mich sehr mit Bilbo identifizieren. Es ist so eine typisch englische Vor-Dem-Zweiten-Weltkrieg-Sache: Die Hobbits reflektieren diese für England typische Sensibilität, die die Idee beinhaltet , dass das Auenland nicht über dessen Grenzen hinaus geht. Allem was über dieser Grenze liegt, begegnet man mit Skepsis. Diese sehr englische Einstellung war definitiv Teil von Tolkiens Kultur. Er wurde in der Viktorianischen Ära geboren, bevor es so etwas wie Fliegen oder die Möglichkeit gab, die Welt zu sehen.
„Der Hobbit“ ist ein sehr dünnes Buch, Sie haben trotzdem drei Filme daraus gemacht. Warum?
„Der Hobbit“ ist fast wie eine optische Täuschung: Du siehst dieses Buch und es ist wirklich dünn, man könnte daraus dann natürlich genauso gut einen kurzen Film machen. Ich meine damit, dass man im gleichen Tempo durch die Geschichte marschieren könnte, wie es ursprünglich Tolkien getan hat. Wenn man sich aber intensiv mit „Der Hobbit“ auseinandersetzt, wird man überrascht sein, in welch erfrischendem und atemlosem Stil manche Szenen geschrieben wurden, die keine Pause für Dialoge oder die Charaktere ließen. Das war nicht die Art von Film, die wir drehen wollten.
Also veränderten Sie die Geschichte?
Wir wollten einen Film, der ein wenig tiefer geht, als Tolkien das konzipiert hat. Ich war überrascht, als ich das Buch dafür noch einmal gelesen habe, weil ich mich genau an eine große Sequenz in Seestadt erinnerte, die im Endeffekt nur über zwei Seiten ging. Wenn man das Skript genauso schreiben würde, wäre kein Platz für die Entwicklung der Charaktere. Wir waren sehr nachsichtig, als wir diesen Film drehten. Wir haben die Vorlage Tolkiens einfach genutzt.
Und es gibt auch Sachen, die nicht im Buch vorkamen?
Ja, wir haben uns nicht nur an die Seiten von Tolkiens Buch gehalten. Wir hatten die Rechte, das zu adaptieren, was als Anhang für „Die Rückkehr des Königs“ gedacht war, das sind ungefähr 125 Seiten an Material. Tolkien hat über Dinge geschrieben, die nicht innerhalb von „Der Hobbit“ passierten, aber zur selben Zeit in Mittelerde. Wir haben also eine Art von „Der Hobbit“ mit Zusatzmaterial gemacht.