MS MR live: Zwischen New York und Castrop-Rauxel
MS MR, die sich als "mysteriöse Stars der Blogosphäre" präsentieren, spielen ein exklusives Konzert im Berliner Club "Prince Charles".
Auf ihrem Tumblr-Account inszenieren sich MS MR als gesichtsloses Happening. Gezeigt werden Mengen an Foto und Videoschnipseln – man erfährt nicht, wem das Knie mit der aufgerissenen Hose gehört und was die Asiatin mit Molotow-Cocktail zwischen Vorhängen, einem halben Smiley und dem nackten Mann mit überdimensionierten Hasenohren auf dem Kopf da sucht.
MS MR, die „mysteriösen Stars der Blogosphäre“, behaupten, sie kämen aus New York – ein Detail, das nur interessant ist, weil die Geschichte angeblich erfunden ist. Es gibt keinen Wikipedia-Eintrag, auch auf der Band-Website findet sich kein „About“ – nur das Bild einer zu einem Sarg geformten Lippenstiftdose.
Sicher scheint, dass der erste Auftritt von MS MR in New York stattgefunden hat. Sicher ist, dass der Auftritt im Berliner Prince Charles vorerst der einzige in Deutschland sein wird. Dementsprechend voll ist es hier. Vor der Bühne drängelt sich ein Publikum, das – passend zum Zeitgeist-Image der Band – ausnahmslos angesagte Klamotten, Accessoires und Frisuren trägt.
Links von der Bühne, an der Bar, die inmitten der blauen Kacheln des ehemaligen Schwimmbeckens liegt, ist nur deshalb Platz, weil man von hier aus nicht sehen kann, was auf der Bühne passiert. Die Sicht ist ohnehin stark eingeschränkt – praktischerweise liegt der Bühnenbereich auf gleicher Höhe mit dem Publikum. Der Inszenierung tut das gut – immer wieder werden Smartphones in die Höhe gehalten, deren Displays dunkle, unscharfe Aufnahmen speichern.
Angeblich haben MS MR keine Lust auf Personenkult – sie wollen die Musik für sich sprechen lassen. Und so spielen Max Hershenow immerhin mit halbrasiertem Schopf, Sängerin Lizzy Plapinger mit zur Hälfte blau gefärbtem Haar, aber ohne Masken oder Neon-Knick-Lichter – kurz: ohne großangelegte Show solide ihr Set.
Plapinger tanzt (ab und zu hüpft ihr Kopf übers Publikum) und singt: „Hurricane“ natürlich, der Internet-Hit, durch den MS MR bekannt geworden sind, und die Coverversion von Patrick Wolfs „Time Of My Life“, die eigentlich auch schon ein alter Hut ist. Insgesamt eine Dreiviertelstunde lang spielen MS MR „Chillwave“ – Musik, die weniger nach Chill dafür umso mehr nach Pop klingt. Dann drängt das Publikum bereits wieder zum Ausgang, der Abend war nicht sonderlich aufregend – da ist es gut, dass einem der Exklusiv-Faktor bleibt.
Unabhängig davon, ob MS MR aus New York kommen oder aus Castrop-Rauxel, ob Lizzy Plapinger und Max Hershenow echte Namen oder Pseudonyme sind und wie die beiden Herren heißen, die das Duo live unterstützen: 2013 wird die Band ein von Tom Elmhirst (Adele, Winehouse) produziertes Album herausbringen. Auf dem muss dann die Musik sprechen – jetzt, da MS MR ihre mysteriöse Aura bereits verbraucht haben.