Adrian Crowley: Die Einsamkeit des Langstreckensängers

Ryan Adams und Nick Cave preisen die musikalischen Talente des irischen Songschreibers Adrian Crowley: ein Schwermuts-Virtuose, der sich meistens mit Beiträgen zu Soundtracks durchschlägt

Vor sieben Jahren schon pries Ryan Adams in einer Umfrage „ diesen irischen Burschen namens Adrian Crowley“ als einen der besten zu wenig bekannten Songschreiber an. Crowley selbst war „ schockiert, wenn auch angenehm. Ich musste es erst gedruckt sehen, um es glauben zu können.“ Noch heute ist er „gerührt und geschmeichelt. Es war sehr gütig von ihm, so was zu sagen. Ich weiß nicht, wie sehr das meiner Karriere geholfen hat, aber die Leute reden immer noch drüber.“

Einen Karriereanschub konnte er gut gebrauchen, denn zu der Zeit hatte Crowley nur ein paar Platten mit kargen Befindlichkeitsballaden unter dem Wahrnehmungsradar herausgebracht und sich daran gewöhnt, als düster, ernsthaft und unzugänglich abgestempelt zu werden. Erst im Jahr zuvor war ihm, damals immerhin schon 36, langsam gedämmert, „dass Musik inzwischen zu meinem Vollzeitjob wurde. Ich würde allerdings niemandem zu so einem genügsamen Leben raten.“


 

Der Familienvater hatte bereits verschiedene Dinge ausprobiert, „ bevor Musik, die mich als Kind verzauberte, endgültig von mir Besitz ergriff“, als Entwickler in Fotolaboren und als Illustrator für Bücher und Magazine gearbeitet: „Das war ein hartes Brot und ging nur eine Weile gut.“ Eigentlich war Crowley vom westirischen Galway nach Dublin gekommen, um Architektur zu studieren. Sein Vater war lange als Straßenbauingenieur in Nord- und Westafrika unterwegs und wegen der Kinder nach Irland zurückgekehrt. Seine Mutter, eine Malerin aus Malta und Hobbypianistin mit Chopin-Faible, animierte Adrian zum Klavierunterricht, von dem er aber bald genug hatte.

Aber auch autodidaktisch hat er sich inzwischen hochgedient. Sein Werk „Season Of The Sparks“ gewann mit zerbrechlicher und schwermütiger Kammermusik als „Irisches Album des Jahres 2009“ den mit immerhin 10.000 Euro dotierten Choice-Preis, für den bereits zwei Jahre vorher sein „Long Distance Swimmer“ nominiert war. Schon das empfand er, nach einer Sinn­krise, als Ansporn und Ermunterung. Im Gespräch lacht Crowley bei der Frage, wie viele Platten er denn so verkauft, nur irritiert, meint aber, dass er durch Konzerte daheim auf seinem Hauptmarkt und mit Touren in Großbritannien, an der amerikanischen Ostküste und in Spanien, Portugal, Frankreich und Holland über die Runden kommt.

Außerdem schreibt er Soundtracks für Low-Budget-Filme. Lukrativer als das Plattenaufnehmen sei es sowieso, Songs in Filmen oder TV-Serien unterzubringen: „Großartig, wenn man das Glück hat, aus heiterem Himmel so ein Angebot zu kriegen. Ablehnen kann man ja immer noch, wenn man damit nicht in Zusammenhang gebracht werden will.“ Dass einer „meiner zärtlichsten Songs“ ausgerechnet in der Cop-Fernsehserie „Blue Bloods – Crime Scene New York“ mit Tom Selleck gelandet ist, amüsiert ihn. Angenehmer wäre dem „ Riesen-Kinofan“, der alles Mögliche vom New Hollywood der Siebziger über koreanische Horrorfilme bis zu Shane Meadows oder „Moon“ von Duncan Jones liebt, aber wohl ein hipperer Kontext.

So ist Crowley eine Solidargemeinschaft mit seinen „tollen Freunden“ vom schottischen Fence Collective um King Creosote und James Yorkston eingegangen, die ihm eine „Quelle der Inspiration“ sind, und auch in einer Schublade mit Bill Callahan und Joanna Newsom fühlt er sich in guter Gesellschaft. Und die von der Presse immer wieder hervorgekramten Vergleiche mit Nick Drake, Tim Buckley oder Leonard Cohen? „Die finde ich ehrenvoll, denn diese Künstler liebe ich alle“.

Ehrabschneidend wirkt da eher, wie die irische Hot Press ihn vergiftet lobt: „Eins seiner Alben aufzulegen ist wie eine Kirche betreten.“ Das hat er doch nicht verdient. „I See Three Birds Flying“, seine neue Platte, mit seiner Vertrauensperson Stephen Shannon als Produzent und kauzigen Instrumenten aus Crowleys Sammlung wie dem Omnichord oder dem Marxophone, kommt wieder sehr „ kontemplativ, sinnträchtig und gebildet“ (noch einmal Hot Press) daher und verströmt in bedeutungsschwangeren Momenten ein pastorales Nick-Cave-Fluidum – was insofern nicht erstaunt, weil der australische Sauertopf ein Fan von Crowleys Kunst ist.

Lieder wie „Lady Lazarus“ sind aber auch etwas für schlichtere, nur an melancholischem Tim-Hardin-Wohlklang interessierte Gemüter. Denn obwohl für seine Poesie gerühmt, gesteht Adrian Crowley, er könne durchaus eine Platte schätzen, ohne eine genaue Ahnung von den Texten zu haben. „So war ich von den Melodien und dem Sound von Serge Gainsbourg gefangen, bevor ich seine Dichtkunst verstehen konnte.“

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