Sanfter Rocker

Der Musiker und Künstler Martin Eder mag es soft - bis zum Anschlag

Als ich zehn Jahre alt war, lag bei uns zu Hause ein Buch mit den Fotografien David Hamiltons herum. Das war meine erste Berührung mit einem erotischen Bildband. Damals dachte ich, so sähe Sexualität aus – man hat große Schlapphüte auf und sitzt in türkisfarbene Hemden mit weißen Hosen irgendwo in Südfrankreich unter einem Baum. Als ich mir jetzt, da ich mehr weiß als damals, noch mal das Plattencover zum ersten Hamilton-Film „Bilitis“ anschaute, habe ich festgestellt, dass das wohl ein Trugschluss war. (lacht)

Das Titelstück von Francis Lai hat jeder schon mal gehört. Der Film ist gaaanz zart, unglaublich verschwommen und nebulös, deshalb ist auch die Musik entsprechend zart. Eine fast fingergespitzte Art des Musizierens ist das. Ich beschäftige mich bei RUIN, meiner eigenen Band, mit Doom und Ambient-Black-Metal, und die Black-Metal-Tradition besteht vielleicht darin, immer tiefer ins Extrem zu gehen und die musikalischen Grenzen auszuloten. Meist geht es um Schnelligkeit, Trueness oder Härte. Kaum jemand ist in die andere Richtung gegangen und hat die Softness bis aufs Äußerste getrieben. Aber genau das passiert hier. So gesehen ist dieser Soundtrack der purste Black Metal, den es gibt. Das ist soft bis zur Unerträglichkeit. Aber zusammen mit dem Bild der Nymphe auf dem Backcover ist das ein Gesamtkunstwerk. Ich glaube, so ein krasses Bild konnte damals nur einem Mann einfallen. Niemand setzt sich freiwillig nackt auf so einen Baum, mit dem Schritt Richtung Rinde. Weder das arme Mädchen noch der Betrachter werden diese Situation wohl als sexuell anregend empfinden. Es ist so übertrieben, dass es nur noch als Groteske durchgehen kann, als extreme Parodie einer Männerfantasie. Und dann noch diese Musik dazu …!

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