Tortoise – Millions Now Living Will Never Die
Punkte: 92
Schon in den Jahren zuvor hatte die Band aus Chicago Tendenzen aus der Ambient- und Elektro-Szene aufgenommen und mit handelsüblichen Rockismen gekreuzt, nun aber, auf dem dritten Studioalbum, bekam das Ganze visionäre Kraft. Zumal die Band um Mastermind John McEntire ihre Musik noch deutlicher an die Pioniertaten des Krautrock anlehnte, Zitate und Haltung von Can, Faust und allen voran Neu! übernahm. Speziell die minimalistisehen Klanglandschaften mit Dub-Gewittern, flächigen Orgeln und an der kurzen Leine gehaltenen Gitarren im 23-minütigen Opening-Track „Djed“ erschienen wie eine millimetergenaue Übertragung von Neu!s „Hallogallo“ auf die musikalische Großwetterlage der mittleren neunziger Jahre. Das Schöne: Tortoise waren Musiker genug, um die strenge Konzeption ihrer instrumentalen Musik mit emotionalem Spiel zu konterkarieren. Ein großes Album, dem man zu Recht nachsagt, dass es den Postrock erfunden habe.