Ein neuer Anfang
Autor Matt Munday begleitete Coldplay durch Japan – und erfuhr, was es mit „Mylo Xyloto“ und Chris Martins Ego auf sich hat.
W enn man schon einen Song versemmelt, sollte man es lieber nicht vor 100.000 Zuschauern tun – von 16 Millionen Zeugen am Fernseher und späteren YouTube-Clicks ganz zu schweigen. Aber wenn das Malheur denn gar nicht zu vermeiden ist, sollte man zumindest nicht gerade auf der Hauptbühne des diesjährigen Glastonbury-Festivals stehen.
Es passiert bei „Us Against The World“, einer neuen Ballade. Der Sündenbock ist Will Champion, der bärtige Schlagzeug-Riese, der „rainbow“ statt „raindrop“ singt, während sich Chris Martin an die korrekte Version hält. Der Lapsus löst eine Kicher-Attacke aus, die man zunächst noch kaschieren kann, bis sich der Lachkrampf als stärker erweist: Martin zieht die Notbremse. Und tut dann genau das Richtige: „Sorry“, sagt er in die Kameras, die genüsslich auf ihn einzoomen. „Ich hab’s vermasselt.“ Und gibt dann den Einsatz für einen erneuten Versuch. Der Auftritt zum krönenden Abschluss des Festivals endet für Coldplay als Triumphzug.
Wie lernen daraus zweierlei. Erstens: Chris Martin gibt eindeutig die Direktiven. Zweitens: Er ist vielleicht doch nicht der hemmungslose Egomane, als der er gerne dargestellt wird. Champion räumt später ein, dass „Chris sich den Schuh fürs ganze Team angezogen hat. Und er ist begnadet in solchen Situationen: Er wischte es locker vom Tisch, lachte kurz und fing von vorne an“.
Ich war eingeladen worden, um mit der Band ein paar Tage in Japan zu verbringen und die demokratische Band-Dynamik vor Ort zu studieren. Obwohl Martin im Mittelpunkt steht und fast alle Texte schreibt, werden die Tantiemen brüderlich geteilt. Der „Rich List“ der „Sunday Times“ zufolge werden Martin und seine Frau Gwyneth Paltrow zusammen auf 48 Millionen Pfund taxiert, während „die drei anderen“ – Jonny Buckland, Guy Berryman und Will Champion – jeweils geschätzte 32 Millionen auf der Kante haben. Wobei die drei eindeutig den besseren Deal haben: Sie dürfen in einer der größten Bands der Gegenwart spielen, können aber, erzählt Champion, „im wirklichen Leben unbeobachtet herumlaufen und einkaufen gehen“, ohne von Paparazzi belästigt zu werden. Martin kann davon nur träumen.
Chris Martin sitzt mir auf einem riesigen, L-förmigen Sofa in der Hotelsuite seines Managers gegenüber, mit Jonny Buckland in der Mitte als Schiedsrichter. Wie Champion ist er ein Riese, der viel lächelt, aber selten spricht, während Martin vorsichtig und angespannt wirkt. Er ist ausgesucht höflich und selbstsicher, kann aber eine reflexartige Abwehrhaltung nicht verheimlichen. Er schaut jeden mit seinen blauen Augen intensiv an, und man spürt, wie es in seinem Hirn arbeitet: Wie soll er sein Gegenüber einordnen? In welche Richtung wird sich das Gespräch entwickeln?
Ihm ist natürlich nur allzu bewusst, dass seine Band extrem polarisiert. Coldplay-Hasser beschimpfen sie, eine omnipräsente Geröllhalde zu sein, die es sich in der „middle of the road“ bequem gemacht habe. Giftige Federn nannten sie „das Maß aller Durchschnittlichkeit“ und „das akustische Pendant zu verwelktem Spinat“. Martin muss Hiebe von allen Seiten einstecken, ob nun für seine Texte (zu verquast), seine Herkunft (Mittelschicht), seine Yoga- und Joghurt-geprägte Lebensweise (kein Rock’n’Roll), seinen Einsatz für karitative Projekte (immer diese Moralapostel), ja sogar für die Namen seiner Kinder (Apple und Moses).
Martin rümpft die Nase. „Ich glaube nicht, dass wir uns verbiegen sollten, um in den Augen von Leuten als cool zu gelten, die wiederum in meinen Augen alles andere als cool sind. Rock’n’Roll bedeutet nun mal, die Person zu sein, die man sein will. Wenn jemand einen Tanga anziehen und zu Abba tanzen will, ist das für mich doch Rock’n’Roll. Warum sollte ich so tun, als käme ich aus den Sixties oder wäre in Manchester geboren, wenn es nun mal nicht zutrifft? Wer das Pech hat, ein artikulierter Internatsschüler aus Devon zu sein, muss sich da schon warm anziehen. Aber so zu tun, als sei man jemand anderes, ist einfach nur Mist.“
Natürlich gibt es viele, denen all das egal ist. Sie lieben einfach die Musik von Coldplay und haben von den ersten vier Alben 48 Millionen Exemplare gekauft – was Coldplay zur bestverkaufenden Gegenwartsband Englands macht, vor Muse und Radiohead, ja sogar vor Take That.
Coldplays fünftes Album ist am 21. Oktober erschienen, aber zum Zeitpunkt des Interviews will Martin mir noch nicht mal den Titel des Albums verraten. „Wenn wir einmal damit anfangen, müssen wir umgehend auch langatmige Erklärungen abgeben“, stöhnt er. „Das gleiche passierte mit Apple, dem Namen meiner Tochter.“ Er verliert sich in seinen Gedanken, kommt aber dann doch zu einem resoluten Resümee: „Fuck them.“ Noch eine Pause. „Es fällt mir schwer, darüber zu reden, ohne großkotzig zu klingen …“
Nun komm schon, Chris, lass es raus! „,Mylo Xyloto‘. Und die nächste Frage ist unweigerlich: Was zum Teufel soll das denn bedeuten?“ Er interviewt sich inzwischen selbst. Buckland beugt sich vor und schüttet Kaffee nach. „Wir wollten dem Album einen Namen geben, der absolut nichts bedeutet – um ihm so die Chance zu geben, ein Eigenleben zu entwickeln. Der Name Coldplay löst bei Leuten, die unsere Musik nicht mögen, schon genug Assoziationen aus. Das Album ist so etwas wie ein neuer Anfang, es gibt keinen Kontext, kein Koordinatensystem.“
Also doch eine Reaktion auf die Kritiker? „Nein, um Gottes willen“, wehrt er ab. „Wir kriegen zwar Prügel, aber man sollte doch festhalten, dass wir uns gar nicht so übel geschlagen haben.“ Er klingt für einen Moment etwas dünnhäutig, fängt sich aber schnell. „Auf der Liste der erfolgreichsten Rockbands stehen wir in diesem Jahr immerhin auf Platz 15.“
Ein kleiner Scherz. Aber er räumt meinen Verdacht nicht aus, dass es indirekt doch eine Reaktion ist. Er sagt, dass ihn einige Rezensionen durchaus veranlasst hätten, „an meinen Texten zu arbeiten – was ich getan habe“. Dann rückt er mit der Feststellung heraus, dass „Mylo Xyloto“ „unsere Version eines Konzeptalbums“ und eine Liebesgeschichte sei. „Das Thema kristallisierte sich beim Verfolgen der Nachrichtensendungen heraus. Die Frage stellte sich, ob zwei junge Menschen heute überhaupt die Möglichkeit haben, einem Ort wie Afghanistan zu entkommen – oder jedem anderen deprimierenden Ort, der keinerlei Perspektiven bietet. Es könnte auch jemand aus einer Familie von Alkoholikern sein, der jemanden aus einem Kriegsgebiet trifft – zwei Menschen mit Problemen, die in sich selbst ihre Rettung finden.“
Mylo und Xyloto? „Wenn du so willst. Das ist unser Geheimnis, und so soll es auch bleiben. Wir haben zwei Worte erfunden, die man nicht mal googlen konnte. Wir haben’s versucht – und keine Ergebnisse bekommen.“ (Was inzwischen natürlich anders aussieht.)
Als ich die Band später dabei beobachte, wie sie vom japanischen Fernsehen interviewt wird, legen sie ein charmantes, gewinnendes Verhalten an den Tag, das einen spontan an die Beatles erinnert. Wobei damit nicht gesagt sein soll, dass Coldplay die neuen Beatles sind. Das überlassen wir lieber Kanye West (immer ein Freund markiger Worte), der behauptete: „In 30 Jahren wird man einen Blick zurückwerfen und feststellen:, Diese Jungs waren talentierter als die Beatles.'“ Er ging sogar noch weiter und verglich Martin mit John Lennon. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das wirklich gesagt hat“, reagiert Martin etwas ungehalten.
Doch, hat er. „Er hat vermutlich gemeint, dass wir zu unseren Lebzeiten nicht angemessen gewürdigt würden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er gemeint hat:, Coldplay sind besser als die Beatles.'“ Der Vergleich wurde allerdings auch schon von anderen bemüht. Noel Gallagher sagte: „Ich höre, Violet Hill‘ und muss unwillkürlich an die Beatles denken. Ich kann mir nicht helfen, aber Chris Martin ist ein großartiger Songschreiber.“ (Um gleich hinzuzufügen, dass Bruder Liam sie „aus ganzem Herzen“ hasse.) McCartney selbst nannte Coldplay „a good little band“ – die gleichen Worte, die er einst auch für die Beatles wählte.
Seit zwölf Jahren nun sind Coldplay im Geschäft, was bedeutet, dass sie seit ihrer Jugend entweder Studenten oder Rockstars waren. Sie unterschrieben 1999 bei EMI-Parlophone, noch bevor sie ihr Examen am Londoner University College machten, auf dem sie sich alle kennenlernten. (Nur Berryman verzichtete auf den Abschluss.) Im Juli 2000 veröffentlichten sie „Parachutes“, das den „Brit Award“ als „Best British Album“ erhielt und 9,5 Millionen Exemplare verkaufte. Es gab keine Lehrjahre und keinen Leerlauf: Coldplay beschleunigten von null auf hundert.
„Maximal einen Monat dauerte die längste Phase, in der wir nicht gearbeitet haben“, sagt Champion. „Die Vorstellung, gute Gelegenheiten zu verpassen, solange wir noch relativ jung sind, ist für uns der Horror. Die Spanne, in der man voll ins Geschirr steigen kann, ist nun einmal zwangsläufig begrenzt – wie bei einem Profi-Fußballer: Man kann seine Höchstleistungen nur in einem bestimmten Zeitfenster abrufen.“
Bassist Berryman, wie Champion 33 Jahre alt, räumt ein, dass es „mit jedem Jahr schwieriger wird, unserer Musik ein neues Gesicht zu geben. Manchmal habe ich das dunkle Gefühl, dass wir vielleicht besser mal mit dem Touren aussetzen und uns für längere Zeit zurückziehen sollten. Dann könnten wir möglicherweise mit einem Album zurückkommen, das radikal anders ist. Wenn man immer nur weitermacht, kann das Geheimnis schnell schal werden“.
Nachdem ich die Band bei einem Aufwärm-Gig in einem kleinen Fernsehstudio erlebt habe, passiert mir das Missgeschick, Berryman mit einem Mitglied der Crew zu verwechseln. Berryman verliert natürlich keine Zeit, die Band über meinen Fauxpas zu informieren – und Chris Martin nimmt die Gelegenheit dankbar wahr, um mich in den nächsten Tagen auf den Arm zu nehmen. „Hallo, ich bin Chris Martin“, prustet er jedes Mal, wenn wir uns über den Weg laufen.
Im TV-Studio in Tokio spielen sie fünf neue Songs, dazwischen ältere Hits wie „Yellow“ und „Fix You“. Es ist offenkundig, dass mit dem neuen Material keine radikal neue Richtung eingeschlagen wird. Wenn überhaupt, sind die neuen Songs vielleicht ein wenig kompakter als die auf dem letzten, ansatzweise experimentellen Album „Viva La Vida“ von 2008. Wieder arbeiteten sie mit Brian Eno zusammen, der diesmal aber nicht produzierte, sondern im Vorfeld als creative consultant auftrat. „Seine bevorzugte Vorgehensweise“, so Martin, „besteht darin, uns alle in einen Kreis zu setzen und spielen zu lassen. Er ist wie eine kreative Milchkuh mit vollen Eutern. Man muss sie melken und dann wieder ziehen lassen.“
„Nach dem letzten Album schrieb er uns:, Ich glaube, wir können’s noch besser.‘ Also baten wir ihn, uns die Zehn Gebote für die Produktion eines perfekten Albums aufzuschreiben. Einige sind völlig abstrakt – wie, Koch wie ein Italiener‘, womit er meint, dass man einfache Zutaten benutzen und die Dinge nicht unnötig komplizieren sollte. Oder, Benutze für ein Bild nicht alle verfügbaren Farben‘ oder, Ihr seid Menschenfischer, also seid nicht zu stolz, einfache Haken zu werfen.‘ Das mag abgehoben klingen, funktioniert aber durchaus.“
Möchte Martin noch immer die Welt verändern? Wie Bono ist er bekannt für seine politischen Überzeugungen. Vor Jahren begann er, vor Konzerten das Wort „EQUALS“ auf seine Hand zu schreiben – oder „MAKE TRADE FAIR“ auf seinen Arm. Inzwischen, mit 34, ist er vorsichtiger. „Jetzt agieren wir etwas subtiler. Man kann bei unseren Gigs oder auf unserer Website erfahren, wen wir unterstützen, aber wir müssen es den Leuten nicht mehr reinwürgen.“ Gibt er damit also zu, das früher gemacht zu haben? „Hm. Nein … Ich weiß nicht. Vielleicht. Ich weiß nur, dass ich das Thema nicht mehr so hoch hängen möchte. Die Liste der Dinge, für die wir uns einsetzen, wird mit dem Alter immer länger, aber ich stelle mich nicht hin und sage:, Sorgt für einen fairen Handel! Rettet den Regenwald! Nutzt kohlenstoffneutrale Energie! Hört Radiohead!'“
Er trägt ein Radiohead-T-Shirt. „Ja, ich bin ein großer Fan. Ich tausche mich mit einigen Mitgliedern von Radiohead aus, wenn auch nur über SMS. Sie waren immer unglaublich nett zu uns. Es ist ein gutes Gefühl, wenn es so etwas wie Kameraderie zwischen uns gibt, zumal gar nicht mehr so viele Bands übrig geblieben sind. Natürlich möchte jeder besser als der andere sein, aber sie tun es auf einer freundschaftlichen Ebene.“
Coldplay treibt noch immer der Wunsch an, „die Besten“ zu sein, und sie verfolgen dieses Ziel mit verbissener Hartnäckigkeit. Auch auf Tournee nehmen sie noch laufend PR-Termine wahr. Rock’n’Roll-Exzesse sucht man indes vergeblich. Und wenn sie nicht arbeiten, sind sie zu Hause bei ihren Familien. Alle vier haben kleine Kinder (wobei sich Berryman gerade von der Mutter seines Kindes in aller Freundschaft getrennt hat).
Gwyneth Paltrow sah sich unlängst dazu veranlasst, Gerüchte über einen angeblich schief hängenden Haussegen zu kommentieren. „Manchmal ist es schwer, mit einer Person so lange zusammenzuleben. Wir alle gehen durch Phasen, die nicht unbedingt rosig sind. Wenn wir – was Gott verhüte – eines Tages nicht mehr zusammen sein sollten, würde ich ihn als Vater meiner Kinder immer noch respektieren.“ Martin brach kürzlich ein Interview ab, als man ihn zu seiner Frau und ihrer Ehe aushorchen wollte. Paltrow hingegen springt bereitwillig ein, wenn es um die Gründe geht, warum er sich jeden Kommentar über sie verkneift. Dem „Elle“-Magazin sagte sie, er sei „ein musikalisches Genie. Es ist so, als würde man mit Picasso zusammenleben. Er macht Musik für seine Fans und möchte nicht, dass die Leute von den langweiligen Celebrity-Paar-Geschichten abgelenkt werden. Was ich vollkommen nachvollziehen kann“.
Martin ist erheblich gesprächiger, als wir auf seine etwas überraschende Freundschaft zu Rapper Jay-Z und seiner Frau Beyoncé zu sprechen kommen. (Er überzeugte Beyoncé, beim diesjährigen Glastonbury-Festival aufzutreten, obwohl sie Angst hatte, bei dem Rock-dominierten Schlammfest unterzugehen.) Sie lernten sich 2003 bei einer Charity-Veranstaltung kennen, und – so Jay-Z – „waren sofort auf einer Wellenlänge und die dicksten Freunde“. „Wenn man das Glück hat, Zeit mit Jay-Z verbringen zu können“, sagt Martin, „dann kann man viel von der inneren Ruhe lernen, mit der er Probleme löst. Und das liebe ich so an ihm: Wenn es ein Problem gibt, dann löse es! Wenn er über ein Problem grübelt, dann ist für Neurosen kein Platz.“ Ist er selbst ein Grübler? „Ich bin ein ausgewachsener Neurotiker! Aber ich glaube, dass ich langsam lerne, mir nur über Dinge den Kopf zu zerbrechen, die ich lösen kann – und nicht über Dinge, die außerhalb meiner Macht liegen.“
Seinen täglichen Yoga-Übungen zum Trotz ist seine nervöse Energie ständig greifbar. Als die Band am Nachmittag von einer ganzen Karawane japanischer Fernsehteams interviewt wird, nimmt er jede Pause wahr, um seinerseits die Interviewer zu befragen. Als man die Band bittet, sich einmal an japanischer Kalligrafie zu versuchen, fragt er: „Sind die Pinsel aus Bambus? Wird Kalligrafie auch in der Schule gelehrt?“
Am nächsten Tag brechen wir mit dem Zug nach Naeba auf, wo das alljährliche Fuji-Festival stattfindet. Es ist ein schwüler, grauer Nachmittag. Niemand ist nach Reden zumute. Die vier stülpen sich dicke Kopfhörer über die Ohren und ziehen sich in ihr Schneckenhaus zurück. Um seine Stimme zu schonen, mag Martin sowieso nicht reden. Er kommuniziert, indem er kurze Mitteilungen auf sein iPad schreibt – was auf seltsame Weise kindlich wirkt.
Als später die Eingangsmelodie aus „Zurück in die Zukunft“, Martins Lieblingsfilm, erklingt, sind die 50.000 Zuschauer sofort aus dem Häuschen. Es ist die spektakuläre Show, die man erwartet hatte. Coldplays gemeinschaftsstiftende Hymnen sind wie gemacht für solche Auftritte. Es gibt ein Lichtermeer, Laserkanonen, Konfetti-Explosionen und Feuerwerk. Martin wirbelt mit seiner Akustikgitarre über die Bühne, bis er sich an sein graffitibesprühtes Piano setzt. Buckland wechselt zwischen fetten Gitarrenriffs und den süchtig machenden Melodien, die Coldplays Markenzeichen geworden sind. Berrymans Rhythmen sind perfekt und funky, während Champion wie ein wild gewordener Gorilla auf sein Schlagzeug eindrischt.
Zweimal können sie ein Glastonbury-ähnliches Malheur gerade noch vermeiden: Einmal, als Martin – absichtlich oder aus Versehen – die Songabfolge plötzlich ändert. Das Publikum bekommt davon nichts mit, aber hinter der Bühne bricht die Hölle los, da die Crew nicht weiß, welche Instrumente sie zuerst rausbringen soll. Der andere unplanmäßige Aussetzer passiert, als bei einem kurzen Stromausfall ein Roadie auf die Bühne springt, um Martin ein Mikro in die Hand zu drücken, es aber ungeschickterweise fallen lässt. Martin macht ein paar schnelle Schritte, greift es sich gerade noch rechtzeitig, bevor das Licht wieder angeht, findet aber immer noch genug Zeit, dem zerknirschten Roadie hinterherzurufen: „Ist schon okay.“
Chris Martin, ein Egomane? Nicht bei dieser Gelegenheit.