Biedermann und Brandstifter
Noch immer ist er das Sinnbild des Rock-Rebellen: Vor mehr als 50 Jahren machte sich der 19-jährige Elvis Aaron Presley daran, die Welt aus den Angeln zu heben. Mit Sex & Tanz & Rock'n'Roll-und einer Rebellion, die seine nie war...
Aus weiter Ferne scheint er in unser Jahrhundert hinüberzugrüßen. Eine aus der Zeit gefallene Gestalt: Elvis, der breitbeinig über den Dingen stehende Über-Entertainer. Schneeweißer Overall, offen bis zum Nabel, steil aufragender Kragen, glitzernde Strass-Applikationen, kiloschwere Gürtelschnalle. Dazu weiße Stiefeletten unter weitem Hosenschlag, das schweißglänzende Antlitz gekrönt von schwarz gefärbter Rockertolle. Nicht zu vergessen: Siegelringe, Akustikklampfe und chromblitzende Seventies-Pomo-Sonnenbrille.
Ein ikonographisches Bild, das so sehr für sich selbst steht wie ansonsten nur Miss Monroe überm Lüftungsgitter oder Dianas Schrottkarosse im Pariser Tunnel. Im Bewusstsein der Nachgeborenen freilich ist dieses Bild inzwischen überlagert von Trillionen schauderhafter Elvis-Imitatoren, die auf Betriebsfesten ihr gespenstisches Unwesen treiben. Die Sache hat einen bedenklichen Schlag ins Trashige bekommen, der Meister ist auch im Wortsinne auf den Hund gekommen. Seit Jahren schließlich sieht man ihn auf Armaturenbrettern, am angestammten Platz des Wackeldackels, putzig die berühmten Hüften kreisen lassen – längst eine Karikatur seiner selbst.
Wobei ihn das kaum sonderlich gestört hätte, zu oft bewies er, vor allen in den späteren Jahren seiner Karriere, einen erschreckenden Mangel an Geschmack. Nicht weiter schlimm, sein Name war ohnehin so groß geworden, dass Geschmacksfragen keine Rolle mehr spielten. Der King halt. Tatsächlich ist sein Status gottgleich, allenfalls zu vergleichen mit dem von Hollywood-Ikonen wie Marilyn Monroe, James Dean, Humphrey Bogart oder Frank Sinatra. Eine exklusive Kaste, in der Elvis den Pop-Flügel stellt. Einzigartig seine Erfolge: Nach Schätzungen sollen sich Presleys Plattenverkäufe auf die schwindelerregende Höhe von etwa anderthalb Milliarden (!) belaufen. Wer den berühmten Vornamen googelt, erhält über 80 Millionen Einträge. Zum Vergleich: Die Kollegen Jagger (11), Lennon (31), Michael Jackson (40) und Oylan (62) bleiben dahinter deutlich zurück, lediglich die Beatles (82) können dem King das Wasser reichen.
Soweit der Mythos. Und dahinter? Wer war dieser Elvis? Was hat er getan, um so nachhaltigen Ruhm zu ernten? 31 Jahre nach seinem Tod ist das nicht ganz leicht herauszufinden. Wer heute die alten TV-Shows betrachtet, dem will sich die ungeheure Macht, die dieser Mann über sein Publikum hatte, nicht recht erschließen. Was war es, das ihn über die Konkurrenz hinaushob? Eine spektakuläre Show ist nicht zu sehen, zumindest im Vergleich zu heute üblichem Budenzauber. Ist es wirklich wahr, dass Kirchenmänner angesichts seines Hüftschwungs den Leibhaftigen gekommen sahen, während sich halbwüchsige Mädchen vor Aufregung ins Höschen machten? Fernsehausschnitte von damals zeigen einen babyspeckigen, fast linkisch aus gediegener Sakko-Garderobe grinsenden Jüngling, eher plump als sexy – harmlos gegen die bis in die letzte Pore ausgeleuchtete Selbstinszenierung aktueller Bühnenstars. In Interviews mit den TV-Hosts jener Tage senkt Elvis den Kopf in artiger „Yessir“-und-„thank you, ma’am“-Bescheidenheit. Popgötter sind anders, zumindest die von heute.
Die Zeiten müssen sehr andere gewesen sein. Sitten und Gebräuche desgleichen. Frühe fünfziger Jahre: Der Krieg ist gerade vorbei, das Fernsehen eben erst erfunden und die Zukunft rosarot – einzig die Atombombe bedroht das Idyll des amerikanischen Traums. Der unerschütterliche Glaube an das Gute im weißen Amerikaner und das Böse im finsteren Russen bildet die Grundlage für ein gesellschaftliches Klima, in dem Senator McCarthy eifrig Kommunisten jagt, Afroamerikaner als Menschen zweiter Klasse gelten und alles, was unter der Bettdecke beziehungsweise den Röcken geschlechtsreifer Mädchen geschieht, für Teufelswerk gehalten wird. Jedenfalls so lange es nicht der ordnungsgemäßen, durch Trauschein legitimierten Fortpflanzung dient.
In diese selbstzufriedene Biederkeit platzt Elvis 1956 hinein wie der sprichwörtliche Rattenfänger. In Nullkommanichts hat er die komplette Jugend des Landes hinter sich versammelt, während die Eltern Zeter und Mordio schreien. Viel hat es dazu nicht gebraucht, denn unter der puritanisch versiegelten Oberfläche gärt es seit langem. Vor allem der Nachwuchs murrt. Die Zeit ist überreif für eine Jugendkultur, mit der sich die Kids von den Erwachsenen abgrenzen können. Taschengeld haben sie genug, genervt sind sie von den Altvorderen sowieso. Was noch fehlt, ist eine Identifikationsfigur, jemand, auf den sich all die Träume und Bedürfnisse projezieren lassen, jemand, der stellvertretend für alle tut, was sich sonst niemand so recht traut. Kurzum: einer, der den Kids exklusiv gehört. Elvis bietet all das – und mehr. Ein merklich irritierter Radiomanager aus Louisiana staunt damals: „Singt Hillbilly in einem R’n’B-Takt. Könnt ihr euch das vorstellen? Er trägt eine rosafarbene Hose und einen schwarzen Mantel, und er kommt verdammt gut an…“ (aus „Last Train To Memphis“, Peter Guralnick, Bosworth 2005).
Das mit dem gut ankommen ist vornehm ausgedrückt, tatsächlich drehen die Mädels durch. Wenn Elvis – im normalen Leben ein schüchterner, höflicher und zurückhaltender Junge – auf die Bühne steigt, verwandelt er sich auf der Stelle in den Albtraum gottesfürchtiger US-Bürger. Er grinst verächtlich, zieht einen Mundwinkel nach unten, blickt lüstern und unsagbar arrogant in die Runde, lässt aufreizend langsam die Hüften kreisen und bricht zwischendurch in Veitstänze aus. Gliedmaßen zittern, Hosenbeine schlackern. Dazu spuckt er Sturzbäche von Glucksern und Hicksern ins Mikrophon. Elvis hat Sex, S-E-X, und wenn er von „Good Rockin‘ Tonight“ singt, dann weiß jeder, was es damit auf sich hat. Obendrein singt er wie ein verdammter Schwarzer.
All die Qualitäten, die es für den ersten echten Popstar braucht, verkörpert er perfekt: Elvis ist weiß, sieht blendend aus, trägt genau die richtige Mischung aus halbstarkem Selbstbewusstsein und romantischer Verletzlichkeit zur Schau, ist ein begnadeter Entertainer mit überwältigendem Charisma und obendrein ein ungeheuer begabter Musiker mit intuitivem Verständnis für die verschiedenen Musikstile. Das vielleicht Wichtigste: Wie selbstverständlich drückt er die Körperlichkeit des Rock’n’Roll aus, er gibt der populären Musik buchstäblich einen Unterleib. Schlagartig lässt er seine sämtlichen Vorgänger, von Dean Martin bis Bill Haley, aussehen wie blasse Betbrüder. Er weiß, dass er provoziert, und es macht ihm Spaß. Elvis wird zur Wasserscheide der Musikgeschichte – vorher war Schlager, nun ist plötzlich Pop. Einen wie ihn hat man in der braven Welt des weißen Showbusiness bis dahin weder gehört noch gesehen. Die Moralwächter sind schockiert, ein Geistlicher nennt den Sänger einen „wirbelnden Derwisch des Sex“, ein Staatsanwalt sieht einen „Albtraum an Rhythmus“ gekommen und hält die dazugehörige Musik für „TNT auf dem Plattenteller“. Selbst Frank Sinatra, zu diesem Zeitpunkt bereits vierzig und im Karrieretief, lässt zunächst kein gutes Haar am Mädchenschwarm aus Memphis, zornig zetert er über dessen Musik: „Ein einziges schmutziges, brutales, degeneriertes, gemeines Aphrodisiakum!“ Äußerungen, die weniger durch ihren Inhalt als durch ihre unverhohlene Aggressivität erstaunen und zeigen, dass Elvis einen höchst empfindlichen Nerv getroffen hat. Die Kids jubeln. Bob Dylan, 1956 gerade fünfzehn, wird später sagen: „Elvis zu hören war wie aus dem Gefängnis auszubrechen. Und Keith Richards, Jahrgang 1943: „Vor Elvis war alles Schwarzweiß. Dann kam er – zoom – prächtiges Technicolor!“
Mögen die Unterschiede heute auch marginal erscheinen, damals liegen Welten zwischen Elvis und dem Rest. Leute wie Nat King Cole oder Pat Boone pflegen dezent aufzutreten, was gleichermaßen für Garderobe wie Interpretation und Performance gilt. Man hält sich als Persönlichkeit hinter dem Song zurück, und Emotionen werden bestenfalls angedeutet. Johnny Raywar 1951 der wohl Erste, der mit der dramatischen Inszenierung seiner Monsterschnulze „Cry“ eine gewisse Theatralik in den Pop einführte. Aber er und auch sein Zeitgenosse Frankie Laine, der weibliche Fans mit melodramatischen Balladen zu Tränen rührt, bieten allenfalls eine zarte Ahnung dessen, was da noch kommen soll. Der entscheidende Unterschied: Elvis stellt sich selbst in den Mittelpunkt, ist mehr als nur Vermittler des Songs. Vorlagen wie „That’s Alright“ stülpt er vom ersten bis zum letzten Ton seine Persönlichkeit über und macht sie damit zu Elvis-Songs. Sie werden zum Medium, mit dem sich er sich als Kunstfigur inszeniert – ein grundlegendes Prinzip der Popmusik: It’s the singer not the song. Und: Dieser Sänger singt vollkommen anders als seine weißen Kollegen. Den Gesangsstil der Schwarzen hat Elvis assimiliert, die Techniken des R’n’B beherrscht er perfekt. Dabei folgt er keinem ausgeklügelten Plan, alles geschieht instinktiv, sozusagen aus der Hüfte. Immer wieder versichert Elvis glaubwürdig, dass er intuitiv handle, sich bei seiner Bühnenshow nichts weiter denkt, einfach so singt und tanzt, wie er die Musik fühlt. Was zweierlei bedeutet: Erstens, dass er die Musik tatsächlich fühlt, und zweitens, dass er das offen zeigt.
Das Repertoire spielt dabei im Grunde die zweite Geige. Wichtig ist nicht, ob er gerade „Tutti Frutti“ oder „Blue Suede Shoes“ singt, wichtig ist, dass er es ist, der den Song bringt. Er tut das in seinem ureigenen, energiegeladenen, extrovertierten Stil. Sein Rockabilly ist im Grunde eine Variante der Countrymusik, nur verzichtet sie auf übertriebenes Sentiment und hat sich dafür die Aggressivität des R’n’B und die Inbrunst der Gospelmusik einverleibt. Seine frühen Hits sind clever und phantasiereich produziert, etwa „Hound Dog“, bei dessen wie ein Maschinengewehr ratternder Snaredrum einer wie Pat Boone wohl zu Tode erschrocken aus dem Studio geflüchtet wäre. Oder das von einem lasziven Kontrabass getragene „Heartbreak Hotel“, das mit seiner düsteren, kaum verhohlenen sexuellen Lust weit gefährlicher klingt als alles, was sich sonst so in die Charts verirrt. Weiße Kids haben diesen Stoff längst intus und verstehen das Vokabular, vor allem, wenn sie in Metropolen wie Memphis leben, einer Stadt, in der Schwarz und Weiß schon geraume Zeit nebeneinander koexistieren. Dort gibt es die berühmte Beale Street, beileibe kein isoliertes Vergnügungsviertel für Schwarze, sondern Treffpunkt auch für weiße Teenager. Elvis wohnte als Teenager nur ein paar Blocks nördlich, in der Sozialsiedlung Lauderdale Courts.
1956, im Jahr eins des Pop, ist das Vergangenheit, da hat der 21-jährige Elvis die legendären Stationen seines rasanten Aufstiegs schon hinter sich: Sam Phillips‘ Sun Studios, der lokale Überraschungshit „That’s All Right“, die ersten Teenager-Hysterien bei Auftritten in der Region, das Auftauchen von Colonel Parker, der den Deal mit RCA einfädelt und damit Elvis‘ Ticket zu nationalem Starruhm löst. Vom Fahrersitz seines Lastwagens bis auf den Gipfel des Hollywood-Olymps braucht der Sohn eines Gelegenheitsarbeiters kaum zwei Jahre. Im Juli 1954 haben Elvis, Scotty und Bill zum ersten Mal gemeinsam gejammt, im Frühling 1956 bereits ist Elvis mit „Heartbreak Hotel“, dem ersten Nr.-1-Hit von nicht weniger als sechs in nur zwölf Monaten, zum Messias der gerade erst geborenen Popkultur aufgestiegen. Die Bilanz weitere zwei Jahre später, im Sommer 1958, ist atemberaubend: Zehn Nr.-1-Hits, vier Kinofilme, vier Cadillacs, darunter ein goldener, ein Luxusanwesen namens „Graceland“, die ehemalige Präsidentenyacht „Potomac“ und eine ausgewachsene Merchandising-Industrie.
Der King ist nun mit allem Pomp inthronisiert. Ein Haar allerdings schwimmt in der Suppe: Mit seinen explosiven Auftritten ist er zur Galionsfigur einer Rebellion geworden, mit der er eigentlich kaum etwas gemein hat. Elvis, Jahrgang 1935, stammt aus einer Generation, die frühzeitig gelernt hat, den gesellschaftlichen Konventionen zu folgen, sie nicht in Frage zu stellen und der nicht im Traum einfallen würde, gegen die Eltern aufzumucken. In der wirtschaftlichen Not der Depressionsjahre und den darauf folgenden Entbehrungen des Krieges hatte man andere Sorgen. Nicht so die Kids der fünfziger Jahre, als sich Amerika eines nie da gewesenen wirtschaftlichen Aufschwungs erfreut. Alle haben plötzlich mehr Geld in der Tasche und können es für anderes als die reine Lebenssicherung ausgeben – auch die Teenager. Dazu, mindestens genauso bedeutend, haben diese Teenager nun auch mehr Freizeit. Drittens gibt es mit Radio und Fernsehen Massenmedien, die zur Verschmelzung der Kulturen, auch der schwarzen und weißen, beitragen. All das hilft den Jugendlichen, sich zum ersten Mal in der Geschichte Marktmacht und eine Identität zu schaffen – mit eigenen Ritualen, eigenem Stil und eigenem Freizeitverhalten. Vor allem aber dient dazu eine eigene Musik, der Rock’n’Roll.
Eine Entwicklung, die zwangsläufig zu Reibereien führt mit den Erwachsenen, vor allen denen des weißen Mittelstands, der sich als Rückgrat der US-Gesellschaft begreift. Schwarze Musik ist ihnen genauso ein Dorn im Auge wie die deutlich sexuell gefärbten Texte der Rock’n’Roll-Songs und der Umstand, dass die lieben Kinder keinen Hehl daraus machen, dass sie all das höchst spannend finden. Nicht wenige Eltern sehen das Ende aller Zivilisation gekommen. Schulversagen, Homosexualität, vorehelicher Verkehr, Schwangerschaft – Gefahren lauern schließlich an jeder Ecke. Schuld daran sind der Rock’n’Roll und seine wichtigsten Protagonisten. Hatte nicht Jerry Lee Lewis seine 13-jährige Kusine geheiratet, Chuck Berry eine Minderjährige missbraucht, und war nicht Little Richard berüchtigt für seine ausschweifenden Parties? Während Eltern und Establishment auf den Rock’n’Roll, seine Helden und seine Jünger einprügeln, reagiert Hollywood auf das deutliche Rumpeln im Gebälk der US-Gesellschaft, indem es den Teenager mit Filmen wie „Blackboard Jungle“ zum Klischee des „juvenile delinquent“ stilisiert – nicht ahnend, dass diese Rebellion nur die Ouvertüre zur weit ernsteren Gegenkultur der sechziger Jahre darstellt.
Elvis indes kann und will kein Rebell sein, eigentlich hat er nichts anderes im Sinn, als in Hollywood eine große Nummer zu werden. Zwar ist auch er ein glühender Fan des 1955 bei einem Autounfall gestorbenen James Dean, der mit dem Teen-Drama „Rebel Without A Cause“ zum Jugendidol geworden ist. Aber erstens ist er nun schon 23 und zweitens nicht der Typ, der sich wie Marion Brando in „The Wild One“ zum Anführer einer Gang aufschwingt. Elvis‘ Rebellion erschöpft sich in extravaganter Garderobe, coolem Gestus und sozusagen grenzenloser Musikalität. Colonel Parker weiß das und nutzt es zu seinem letzten großen Coup: 1958 überzeugt er seinen Schützling, als simpler Gefreiter den Wehrdienst im fernen Westdeutschland abzuleisten. Wie zu erwarten, ist Amerika begeistert von seinem patriotischen Sohn, womit die Metamorphose vom einst gefährlichen Aushängeschild einer gesellschaftlichen Kulturrevolte zum generationenübergreifend akzeptierten XXL-Entertainer vollzogen ist. Endstation Las Vegas.
Vom Rock’n’Roll ist ohnehin nicht mehr viel geblieben. Schon die RCA-Aufnahmen aus der Zeit vor dem Militärdienst lassen den Drive, die Aggressivität und die raue Sinnlichkeit der Sun Sessions mehr und mehr vermissen. Elvis‘ Platten werden nun gefälliger, die Showbiz-Maschine, gut geölt vom Colonel, rasiert Ecken und Kanten ab, und übrig bleibt ein Rock-Rebell, den nun auch Mom und Dad okay finden. Als er 1960 die Uniform auszieht, ist er bereits mehr Mythos als lebendiger Mensch. Er entzieht sich jeglicher Vereinnahmung, tritt nicht mehr auf und vergräbt sich ins Privatleben. Eine schier endlose Kette von seichten Kinoschnulzen und noch seichteren Popschlagern folgt.
Beatles, Stones und ihre Kohorten haben nun leichtes Spiel und degradieren den King zur sagenumwobenen Gestalt einer versunkenen Epoche. Zwar kommt es am 3. Dezember 1968 zum überraschenden Comeback, als Elvis für die NBC ein Konzert gibt, das als TV-Special mit sensationellem Erfolg gesendet wird. Noch einmal bringt er bemerkenswerte Singles („Suspicious Minds“, „In The Ghetto“, „Burning Love“) sowie sensationell erfolgreiche Shows („Aloha From Hawaii“). Zweifellos hat er’s noch immer drauf, letztlich aber bleibt Elvis ein Mann der Vergangenheit. Die Verbindung zur Jugendkultur der sechziger Jahre hat er längst verloren. Die Fifties, und damit auch er selbst, sind Nostalgie.
All das ist lange her. Geblieben ist das Bild vom weißgekleideten „Guitar Man“. Und die Musik-verkürzt auf die wirkstabilen Schlüsselreize marktgängiger Gretatest-Hits-Sammlungen. So findet sich der King denn zwischen The Police und Prince, sauber aufbereitet für die Schnäppchen-Scanner der „Geiz-ist-geil-Zielgruppen, die „Heartbreak Hotel“ auf ihren iPods als nostalgischen Klangtupfer zwischen Scooter, Metallica und Duffy setzen. „Jailhouse Rock“ für Vati, „Love Me Tender“ für die Omi. Elvis wäre stolz gewesen, Rebellion war seine Sache schließlich nicht. Auch wenn er sie einst angezettelt hat wie kein anderer.