Die Dämonin in mir
Zwischen den Tourneen mit seiner Band The Gaslight Anthem lotet Brian Fallon mit The Horrible Crowes seine Untiefen aus.
Während seine Band The Gaslight Anthem feierte, hörte Sänger Brian Fallon mit seinem Freund und Roadie Ian Perkins im Tourbus traurige Lieder – die Geburtsstunde(n) von The Horrible Crowes, wenn man so will.
Die letzten Treffen mit Brian Fallon hätten gegensätzlicher nicht ausfallen können: Als der Reporter den Sänger vor der Veröffentlichung des aktuellen Gaslight-Anthem-Albums „American Slang“ in New York traf, war Fallon aufgekratzt und überwältigt von dieser riesigen Stadt, die ihm den Stoff für seine damaligen Songs lieferte. Wenige Monate später hinter der Bühne des „Rolling Stone-Weekender“ war Fallon dann erschöpft, lächelte schwach in die Kamera, wirkte in sich gekehrt – und auf seltsame Weise isoliert von seiner Band.
Wieder einige Monate später, an einem sonnigen Nachmittag in Berlin, ist die alte Euphorie wieder da. Mit New York hat das aber nichts mehr zu tun. „Das Thema ist durch. Ich bin zurück nach New Jersey gezogen. In meine Heimat. In die Nähe der Küste“, sagt Fallon. Auch sonst geht er auf Distanz zum Erfolgsalbum: „‚Slang‘ ist nicht gerade mein Lieblingsalbum. Es war eine seltsame Zeit. Ich glaube, wir haben da versucht, etwas zu sein, das andere in uns sehen wollten. ‚Are they the new Bruce Springsteen?‘ Aber wen interessiert das?“
Ob gewollt oder nicht, diese Geister wird er mit dem neuen Projekt nicht loswerden. The Horrible Crowes machen Sehnsuchtsmusik mit großen Melodien, geisterhaften Pianoparts und Fallons melancholischem Timbre, das man schon in langsamen Gaslight-Songs wie „Blue Jeans And White T-Shirts“ schätzte. Aufgenommen hat er „Elsie“ mit Perkins. „Während die anderen ihr Ding machten, saßen wir im Bus und spielten uns Musik vor – Bon Iver, PJ Harvey, Tom Waits, Afghan Whigs, Twilight Singers, The National. Irgendwann dachten wir: ‚Das wollen wir auch.‘ Dann: ‚Das können wir auch!‘ Ich weiß um meine Stärken – und depressiv zu sein, ist eine davon.“ „Elsie“ ist tatsächlich eine düstere Angelegenheit geworden, und auch der Titel ist treffend gewählt. „Elsie ist eine Figur aus ‚The Mighty Boosh‘. Da gibt es diesen dämonenartigen Typen, der Howard Moon hypnotisiert und in seinen Kopf zieht, wo diese Ballerina Elsie tanzt. Der Typ fragt Howard: ‚Hast du mit Elsie getanzt?‘ Und als Howard verneint, sagt er: ‚Natürlich hast du! Jeder tanzt mit Elsie!‘ Diesen Moment liebe ich: Weil jeder von uns seine ‚Elsie‘ hat seine wunderschöne Dämonin.“
Brian Fallons Elsie steckt irgendwo in diesen dunklen Zeilen über das Leben, die Vergänglichkeit und das Böse in uns allen. daniel koch