U2: Strumpfhosenverbot

Das Spider-Man-Musical mit Songs der U2-Köpfe soll nun endlich Premiere feiern. Vielleicht wird es sogar mehr als Broadway-Kitsch.

Es klingt wie der popkulturelle Supergau: ein Broadway-Musical über Spider-Man, den zweifelnden Superhelden von nebenan, mit Originalsongs aus der Werkstatt der U2-Helden Bono und The Edge – und ausgerechnet Julie Taymor als Regisseurin und Skriptautorin, die uns schon die Bühnenversion des „König der Löwen“ eingebrockt hat. Was soll das werden? Noch eine peinliche Show im Geist der Popmusicals „We Will Rock You“ und „Mamma Mia!“, die zwar für gute Ticketverkäufe sorgen, den heiligen Spaß am ABBA- und Queen-Repertoire aber nachhaltig beschädigt haben?

„Spider-Man – Turn Off The Dark“, das im späten Frühjahr im New Yorker Hilton Theatre Premiere feiern soll, macht bei genauerer Betrachtung einiges richtig. „Es kann sehr spannend sein, die unterschiedlichsten popkulturellen Aspekte in einen Mixer zu werfen“, sagt Bono im Making-of-Interview, und man glaubt fast herauszuhören, dass auch er die Kombination aus Superheldenstory und Broadway-Kitsch erst befremdlich fand. Aber: „Wir konnten uns schnell mit der Idee anfreunden. Die Verbindung vom Rock’n’Roll und Comics hat sich ja schon oft bewährt.“

Beim Casting machten die Produzenten sich immerhin die Mühe, in den Indie-Rock-Metropolen Austin und Seattle nach Musikern und Darstellern zu suchen, die nicht wie traditionelle Broadway-Performer klingen sollten. Die Titelrolle des Peter Parker wird nun vom bisher unbekannten Reeve Carney gespielt, der mit seiner Band Carney eher dem Look von Guns N‘ Roses nacheifert. Als Parker-Freundin Mary Jane wurde Evan Rachel Wood verpflichtet, die schon im Beatles-Musicalfilm „Across The Universe“ zu sehen war.

Auch Regisseurin Julie Taymor bemüht sich, viele Bedenken schon im Vorfeld aus der Welt zu räumen. „Spider-Man wird nicht in Strumpfhosen singen!“ war eines ihrer ersten Statements, „das verspreche ich!“ Ansonsten werde „getanzt, gekämpft und sogar geflogen“. Das gewagte Vorhaben ging die Musicalveteranin gut vorbereitet an: „Ich habe Hunderte von Comics gelesen. Besser kann man seine Hausaufgaben eigentlich nicht machen.“

Die Produzenten hatten damit mehr Schwierigkeiten. Der Starttermin von „Turn Off The Dark“ wurde zuletzt mehrfach verschoben, weil sich die Suche nach Investoren länger hinzog. In Hollywood führte die Geldnot schon dazu, dass Stammregisseur Sam Raimi – im Sinne der Publikumsverjüngung – für den vierten Spider-Man-Film nicht mehr gebucht wurde. Sollte das Musical nun mit ein wenig klassischem Quality-Entertainment in die Bresche springen, wäre das Mindestziel erreicht.

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