Woody Allen & His New Orleans Jazz Band – Dresden, Kulturpalast
Mr. Manhattan auf musikalischer Weltreise.
Selbst in den weihnachtlich ausgeleuchteten Gassen der Dresdner Altstadt legen die Straßenmusiker für ein paar Minuten ihre Bach-Noten beiseite und geben zu Ehren des hohen Besuchs an diesem kalten Dezemberabend Gershwin-Tunes und „New York, New York“ zum Besten. Dabei bewegt Woody Allen sich zumindest musikalisch auch gern mal heraus aus seiner Heimatstadt— Richtung Süden. Mit seiner New Orleans Jazz Band spielt er jeden Montag im New Yorker „Carlyle Hotel“ Dixieland. Und seit einigen Jahren geht er sogar auf Tour mit dieser exzellent besetzten Truppe. Als Romantiker und Fan des Old Europe hat es Allen sicher geärgert, dass er zwischen all den pittoresken Dresdner Bauten ausgerechnet im sozialistischen Zweckbau des Kulturpalast auftreten muss. Aber nur in den passen seine Fans auch alle hinein. Das Publikum sieht an diesem Abend ein bisschen aus wie die Besetzungsliste seiner Filme. Recht viele hübsche Mädchen, zu denen sich Herren mittleren bis reiferen Alters gesellen. Einige von ihnen sogar stilecht in Kordhose. Wenngleich das bollerige schlammfarbene Modell, in dem Allen leicht verlegen ob des tosenden Applauses auf die Bühne spaziert, unerreicht bleibt.
Man sieht, wie unwohl er sich in der Rolle als Star des Abends fühlt. Meist schaut er, auf einem Stuhl inmitten seiner Mitmusiker sitzend, zu Boden, schlägt umständlich die Beine übereinander oder schraubt weltvergessen an seiner Klarinette herum und ist froh über jeden Einsatz. Dann kann er nämlich den Kopf zurücklegen, seine Augen schließen und das Drumherum vergessen. Sein Spiel, das zu Beginn noch wie der Lockruf eines schwermütigen Erpels klingt, gewinnt im Verlauf des Abends bei Standards wie dem „St. Louis Blues“ oder „Down By The Riverside“ an Variation und swingt am Ende ganz beachtlich. Den Gesang überlässt er anderen. Am liebsten dem Bandleader und Banjo-Spieler Eddy Oavis. der so gemütlich auf der Bühne sitzt, als hätte er sich gerade in einen Schaukelstuhl auf der Back Porch fallenlassen und sänge „Willie The Weeper“ und,,Shake That Thing“ im Kreis seiner Familie. Als Allen sich durch standing ovations am Ende zu einer dritten Zugabe überreden lässt, wagt er sich dann aber doch noch – ermuntert von Davis – ans Gesangsmikro und singt ein zaghaftes „Oh Johnny, oh oh Johnny“. Wirklich erbärmlich, dieses Gewinsel – und natürlich viel zu kurz.