Ohne Hut – Ein Buch rehabilitiert das Werk von Udo Lindenberg
Es gibt dankbarere Aufgaben, als sich zu Udo Lindenberg zu bekennen. Man kennt die mitleidigen Blicke, den Applaus von der falschen Seite. Man ist da abgehärtet, auch nach Lindenbergs sogenanntem Comeback.
Mit dem Band „Am Trallafitti-Tresen“ sind Benjamin von Stuckrad-Barre (u.r.) und Moritz von Uslar nun angetreten, um an einen Udo Lindenberg jenseits seines selbst errichteten Berufsjugendlichen- und Laber-Ghettos zu erinnern – und allein das verdient Respekt. Man wird Lindenberg ja tatsächlich nicht mit den üblichen Klischees gerecht, die heute jeder sofort zur Hand hat – auch Leute übrigens, die mit dem Werk des Künstlers nur wenig vertraut sind.
Um das Werk soll es hier aber gehen, nicht um die Kunstfigur. 164 Lindenberg-Texte, angeblich seine besten, bilden den Schwerpunkt. Die Auswahl kann man teilweise bekritteln. So gehört die überproportional vertretene Lyrik aus dem aktuellem Album „Stark wie Zwei“ sicher nicht zu Udos Sternstunden. Der Eigenanteil der Autoren beschränkt sich derweil auf ein überschaubares Vorwort und ein abschließendes Gespräch über den Sänger und seine Bedeutung: Stuckrad würde am liebsten ein ganzes Jahr ausschließlich Udo-Studien betreiben. Uslar ist der mäßigende Part. Bisweilen schämt er sich gar seiner Lindenberg-Liebe.
Einmal beschreibt Stuckrad Lindenbergs Wirkung auf ihn als Fortführung der Europa-Kinderplatten mit Anleitungscharakter in Angelegenheiten, in denen die Eltern nicht weiterhelfen konnten und sollten. Tatsächlich hatten insbesondere die frühen Udo-Lieder für viele ja diese Funktion.
Man mag es lachhaft finden, wenn Stuckrad sich schließlich zu einem Vergleich mit Tucholsky versteigt. Aber eine vergleichbare Figur hat der bundesrepublikanische Unterhaltungsbetrieb nicht produziert, wir sollten respektvoll mit ihr umgehen. Daran erinnert dieses Buch.