Die Wüste lebt
Mitte Februar, es ist Filmfestivalzeit, ist das kulturell-mediale Leben in Berlin fest in der Hand des guten, liberalen Amis, der sich immer so schön und so schön öffentlich – schämt für seine aktuelle Regierung. Als wäre Bush jr. der Teufel höchstpersönlich und der olle Clinton mindestens Martin Luther. Kaum hat der eine liberale Ami die kritischen deutschen Magazine erfolgreich charmiert, da hält schon der andere Publicity-Hof, freilich ein paar Nummern bescheidener und ohne Frauen und Glamour-Faktor. Anders als George Clooney muß sich Joey Burns denn auch weder ein paar Pfunde rauffuttern noch einen Vollbart stehen lassen, um im Hauptquartier seines aktuellen Labels kredibel zu wirken. Es ist rührend zu sehen, wie es dem Calexico-Mann schmeichelt, als ich die Clooney-Parallele ziehe, auch wenn er eigentlich glaubt, es sollte ihm nicht schmeicheln.
Hinter dem Pappmache vermeintlich „politischer“ Songs wie dem sehr sanften Auftakt „Cruel“ (Umweltzerstörung) sowie dem furiosen Rausschmeißer „All Systems Red“ (gesellschaftlicher Totalschaden) ist es ohnehin interessanter, wie sich Calexico auf dem jüngsten Album „Garden Ruin“ neue Band-Freiräume jenseits von Border-Klischees und Mariachi-Seligkeit erkämpfen. Oder soll man gleich sagen: Eigentlich hat nur Burns alleine gekämpft? Es kam ihm jedenfalls nicht ungelegen, daß John Convertino schon sein So also hat Burns die Flasche genommen und am nächstbesten Bug zerschellen lassen und vom Stapel lief ein Schiff, das immer noch Calexico heißt, das aber nicht mehr gemütlich den Fluß runtertuckert, sondern auf offener See kreuzt. Dort, wo ein paar exotische Piraten aus der Ferne sogar „Hu-HuHu‘-Chöre schmettern, und erstmals ein extern angeheuerter Steuermann (Co-Produzent JD Foster) versucht, selbst in stürmischster See Kurs zu halten, und der Kapitän derart animiert – Sachen singt, wie er sie nie zuvor gesungen hat.
„Es gibt viele Dinge, die die Leute zurückhalten“, so Burns, „und ich habe sehr lange gebraucht, um mich in der Rolle eines Bandleaders wirklich wohl zu fühlen. Es gibt immer Hindernisse auf dem Weg, aber gerade die bringen oft das interessanteste Material hervor. Oder Erfahrungen mit sich, die etwas aus dir rausholen, was du vorher kaum für möglich gehalten hättest. Doch über allem stand die Erregung, Dinge zu entdecken mehr noch als Furcht bringt sie dich dazu. Neues zu versuchen.“