Maria McKee: Träume auf dem Prüfstand
Daß die Dinge sich ändern würden, hat Maria schon im vorigen Jahr angekündigt. Nach den orchestralen, opulent Bowie-esken Alben „Life Is Sweet“ und „High Dive“ sollte es zurückgehen zur US-Folklore der seligen Lone-Justice-Tagen. Man mußte das nicht per se eine gute Nachricht finden; schließlich waren besagte zwei Alben ganz fabelhaft. McKee war damals eine Aufsäßige, die sich freikämpfte von bösen Plattenbossen, die nur eine Neuauflage von „Show Me Heaven“ verlangten. „Für mich kam die Musik auf ‚Life Is Sweet‘ und ‚High Dive‘ ganz natürlich“, erklärt McKee, die in der Küche daheim in LA sitzt und Ehemann/ Produzent/Bassist Jim Akin beim Frühstückmachen zusieht. „Ich bin durch meinen Bruder mit Glam und Psychedelik aufgewachsen; es war nötig, diesen Einflüssen Tribut zu zollen.“ Der genannte Bruder, das wissen viele gar nicht, ist Bryan McLean von den Hippie-Pop-Exzentrikern Love. McLean hatte später Probleme mit der Psyche, wurde drogenabhängig und starb 1998. „Er war mein Held, mein Mentor, gar eine Vaterfigur – aber eben auch mein kleiner Bruder.“
Sein Tod, das Umfeld in der reborn church der Eltern, die frühreife, letztlich gescheiterte Großkarriere, schließlich die Rebellion: Um überhaupt etwas von McKee zu verstehen, muß man diese Bedingungen im Hinterkopf behalten. Und begreifen, daß der Eindruck der schwierigen Diva bloß die Außenansicht eines Klärungsprozesses ist. „Neulich sagte eine von diesen blutjungen Sängerinnen im Fernsehen, daß die eigenen Träume wahr würden, wenn man nur fest genug daran glaubt. Mir wird schlecht, wenn ich so was höre; das ist ein schrecklicher Zynismus, dem besonders in den USA so viele Leute zum Opfer fallen. Klar ist das Leben manchmal gerecht – manchmal aber eben auch nicht. Das bedeutet nicht, deine Träume aufzugeben; du näherst dich ihnen nur auf viel realistischere Weise.“ Um eben diese Dinge geht es auf „Peddlin‘ Dreams“, das Akin im Heimstudio aufgenommen hat. McKee singt von Menschen, die das Leben beschwert hat, von Enttäuschung und von Hoffnung. Die Musik ist basisnah und durchaus Americana-verwandt. „Ich hoffe, daß es die alten Fans versöhnen wird – ohne deshalb nun meine Alterna-Country-Wegwerf-Platte zu sein.“ Das bestimmt nicht.