Die Einsamkeit des Pianisten
Nach seiner Arbeit für William Shatner hat Ben Folds wiederum mit anderen Musikern ein neues Album aufgenommen -— die spontane Interaktion beflügelt den Songschreiber
Fragt man Ben Folds, so ist der entscheidende Mann für sein neues Album nicht Ben Folds – sondern William Shatner. Als der nämlich Folds mit der Musik fiir sein letztjähriges – übrigens großartiges -Album „Has Been“ beauftragte, stieß er damit eine Entwicklung an, die Folds sehr grundsätzlich umdenken lassen sollte. „Shatner hatte mir freie Hand bei der Auswahl der Kollaborateure gegeben“, erinnert sich Folds, „und das brauchte er mir natürlich nicht zweimal zu sagen. Am Ende hatte ich dann Aimee Mann, Henry Rollins, Joe Jackson und eine phantastische Band im Studio, und sie alle ließen sich von mir dirigieren. Wir haben jeden Tag mindestens einen extrem inspirierenden Moment erlebt und wirklich zusammen etwas entwickelt. Das wollte ich auch für meine eigenen Alben haben.“
Bislang hatte Folds für sein Solowerk nämlich auf Hilfe von außen weitgehend verzichtet. Sowohl die erste reguläre Solo-Platte, „Rockin‘ The Suburbs“ als auch die EP-Trilogie „Speed Graphic“, „Sunny Sixteen“ und „Super D“ hatte der Multiinstrumentalist im Alleingang aufgenommen und sich so nach dem Ende von Ben Folds Five kreativ Luft gemacht. „Ehrlich gesagt, war ich weder mit dem Album noch den EPs wirklich zufrieden“, gesteht Folds, „kurioserweise habe ich mich meiner eigenen Musik noch nie so nah gefühlt wie bei der Shatner-Platte. Das ist meine beste Arbeit.“
Mit diesem Wissen kann man nun viel besser verstehen, warum Folds für sein neues Album, „Songs For Silverman“, eine zweiköpfige Rhythmusgruppe verpflichtete und sich für eine Weile in seinem New Yorker Studio wegschloß. Alles sollte ganz unmittelbar aufs Band, sollte jenen gemeinsam generierten Moment abbilden und nicht nach einsam geschichteten Tonspuren klingen. ,Jeden Tag ein Lied: Das war die Prämisse. Auch die Arrangements waren offen; vieles passierte zufällig und gehorchte nur dem Vibe, der gerade im Raum war“, erzählt Folds. „Das hat wunderbar funktioniert! Wir haben den Song immer als ganzes Trio gespielt und sind dann zum Anhören hinüber in den Regieraum. Wenn uns der Take gefiel, habe ich gleich ein paar Overdubs gespielt, eine Gitarre oder vielleicht ein Keyboard. Ganz schnell, ohne viel nachzudenken. Wenn wir abends aus dem Studio gegangen sind, hatten wir ein Lied fertig. Nicht die Theorie eines Liedes, sondern ein richtiges Lied. Man macht heute viel zu selten Platten auf diese Weise.“
Tatsächlich lebt vieles auf „Songs For Silverman“ vom jähen Miteinander, von der Hitze des Moments und einer großen Direktheit. Aber das ist nicht die ganze Wahrheit: Es ist auch deshalb eine bewegende Platte, weil Folds weitgehend auf ironische Distanz verzichtet, die emotional direktesten Lieder seiner Karriere singt und so gewissermaßen bei sich selbst ankommt Die erste Single heißt „Landed“, da haben Sie’s. Die Befreiung von überhöhten Ansprüchen?
„Könnte was dran sein“, meint Folds und überlegt einen Moment, „ich war bisher viel davon getrieben, den Leuten irgendetwas zu beweisen. Irgendwie stecke ich mit meinem Kopf ja in einem anderen musikalischen Zeitalter, und ich hatte schon das Gefühl, mich behaupten zu müssen, um überhaupt gehört zu werden. Das ist jetzt anders. Ich habe eine ganz gute Zahl an Platten verkauft, ich kann gut leben – irgendwie bin ich entspannter. Ich muß nichts mehr beweisen. Aber, verdammt, ich bin nun 38 Jahre alt und Familienvater. Es wurde wirklich auch langsam Zeit.