Dance For Change
Le Tigre wollen eine politische Band sein - und wissen, dass auch nach der US-Wahl genug zu tun bleibt
Was passiert nun, wo alles verloren ist, mit der poppigen Anti-Bush-Bewegung? Müssen die frisch geschriebenen Protestsongs schon auf den Müll? Geht man von der Opposition zurück zum Tagesgeschäft, zu Liebe, Tanz und Motoren? Das feministische New Yorker Elektro-Rock-Trio Le Tigre zum Beispiel hat die Platte „This Island“ erst zwei Tage vor der Wahl veröffentlicht – schade drum. Obwohl: „Wir sagen ja nicht: Hallo, wir sind eine Rockband, und das hier ist unsere Stellungnahme“, erklärt Mitglied Johanna Fateman. „Wir sagen: Das ist unser Bericht über ein Ereignis, das in den amerikanischen Nachrichten nicht vorkommt und am nächsten Tag vergessen wäre.“
Gemeint ist der Tag der weltweiten Demos gegen die Kriegseröffnung im Irak, der 15. Februar 2003. Die drei von Le Tigre waren in New York dabei, haben mit dem Mini-Disc-Rekorder alles aufgenommen und die besten Schnipsel im Song,,New Kicks“ verarbeitet. Eine bis an die Nervgrenze politische Band waren sie außerdem schon immer, wie Bikini Kill, die vorige Gruppe der Tigre-Sängerin Kathleen Hanna, die anders als die meisten US-Riot Grrrls der Neunziger auch dann nicht nachgelassen hat, als der Schwung und das Medieninteresse abflauten. Le Tigre zählen zu den wenigen Künstlern, die schon im September 2001 protestierten. Gegen den Afghanistan-Krieg, der scheinheilig damit rechtfertigt wurde, man wolle die von der Taliban unterdrückten Frauen befreien. „Viele Leute erwarten von Performance artists, dass sie ihre Kunst eindeutig zu erkennen geben“, sagt Kathleen Hanna, „dass man sich hinstellt und mit roter Farbe übergießt oder so etwas. Ich riskiere lieber das Missverständnis.“ Bei den Konzerten von Le Tigre besteht allerdings keine Gefahr, dass sie für eine ehrlich malochende Band gehalten werden, weil zu viele HipHop-Gesten und bunte Filme zu sehen sind. Ist das die nie endende „Dance For Change“-Tour? Umschreiben mussten sie nach Bushs Sieg jedenfalls keinen einzigen Text.