Die Marionetten des Terrors
In ihrem kommenden Film Team America nehmen sich die 'South Park' Schöpfer Trey Parker und Matt Stone den US-Kampf gegen den Terror vor
Mag sein, dass selbst Trey Parker und Matt Stone sich noch nicht zwischen Bush, Kerry und Nader entschieden haben, aber bei einem sind sie sich sicher: „We fuckin‘ hate fuckin‘ puppets!“
Das Problem: Die beiden alternden Wunderkinder, denen die Welt „South Park“ und den dazugehörigen Kinofilm verdankt, versuchen verzweifelt, „Team America: World Police“ (deutscher Kinostart: 30.12.) zu beenden, einen 32-Millionen-Dollar-Film, in dem eine Sondereinheit aus fünf Puppen für Freiheit und gegen Terrorismus kämpft. Dabei kann natürlich schon mal was schiefgehen – statt Terroristen beißen Zivilisten ins Gras, und den High-Tech-Waffen der Fünf fällen nacheinander die ägyptischen Pyramiden, der Eiffelturm und der größte Teil von Paris zum Opfer. An diesem Punkt rekrutieren sie den Schauspieler Gary, der sich in das Geheimversteck des nordkoreanischen Dikators Kim Jong Il einschleichen soll. Dessen Ziel wiederum besteht darin – wie könnte es anders sein -, die Erde zu vernichten. Und Parker, 34, und sein Kumpel Stone, 33, stehen mächtig unter Druck. Bis Mittag sollte der Miniatur-Louvre in die Luft geflogen sein, doch bei den verdammten Marionetten geraten dauernd die Fäden durcheinander.
Getreu der South-Park-Tradition gibt es bei „Team America“ viel Anstößiges zu sehen. Etwa eine Szene, in der Puppenheld Gary (eine Art hölzerner Tom Cruise) und Puppenheldin Lisa („wie Kelly McGillis in ‚Top Gun‘!“) tatsächlich, nun ja, ficken. Und dabei geben sich Parker und Stone nicht mit der Missionarsstellung zufrieden. „Team America“ ist das Kamasutra des Puppensex, mit Praktiken und Positionen, bei denen sich die Protagonisten ordentliche Splitter eingezogen haben dürften. Trotzdem werden einige dieser Szenen wohl auf dem Boden des Schneideraums enden. „Wir stehen in ständigem Clinch mit der Prüfstelle“, meint Parker, „Und wenn wir nicht parieren, dann landet der Streifen auf dem Index. Aber ist es nicht toll, dass die sich das ansehen müssen? Kannst du dir vorstellen, ein Video zu kriegen mit nichts drauf außer der Nahaufnahme eines Puppen-Arschlochs, und du musst dir das reinziehen?“
Trotzdem, Parker und Stone wollen unbedingt raus aus der Puppenhölle. „Noch nie in meinem Leben hat mich etwas so fertiggemacht“, meint Stone.
Und Parker geht es nicht besser: „Wir dachten, es wäre ’ne nette Idee, so einen kleinen Puppenfilm zu machen. Doch dann entpuppte sich das auf einmal als gigantischer Puppenfilm. Wenn jetzt jemand auftauchen und sagen würde: ,Trey, weißt du, ich bin Regisseur und könnte dir diesen Film für drei Millionen fertigstellen‘, dann hätte er die drei Millionen aber so was von schnell in der Tasche…“
Was ist schwerer – einen Krieg gegen Terroristen zu fuhren oder einen Film zu drehen, in dem Puppen Krieg gegen Terroristen führen? „Oh, ein Krieg gegen Terroristen wäre Kinderkram“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Auf Parkers Pausbacken breitet sich ein genüssliches Grinsen aus. „Sag einem Soldaten, er soll jemanden umbringen, und er wird losziehen und es tun. Sag einer Puppe, sie soll jemanden umbringen, und es wird fünf gottverdammte Tage dauern.“
„Weißes Haus in Aufruhr über Hollywood-Wahlüberraschung: Paramount-Puppenfilm zieht Anti-Terrorkrieg durch den Kakao“, lautete die Schlagzeile des Internet-Magazins „Drudge Report“ zu „Team America: World Police“, die bestimmt mehr Aufsehen hervorrief als jede Werbeanzeige. Ein Bush-Berater wurde mit den Worten zitiert: „Ich kann an Terrorismus wirklich nichts Komisches finden und würde mir wünschen, dass Paramount mehr Respekt gegenüber denjenigen an den Tag legt, die kämpfen und Opfer bringen, um Amerika sicherer zu machen.“
Dass Parker und Stone einmal derart radikale Filme machen wurden, war ihnen nicht in die Wiege gelegt worden.
Beide haben eine eher konservative Schul- und Uni-Karriere hinter sich, und auch heute noch wirken sie wie Repräsentanten einer smarten bis altklugen, beinahe post-politischen Generation, die Hippie-Arroganz mit instinktivem Misstrauen und der immer mehr um sich greifenden Kiddie-Ignoranz mit Amüsement begegnet Und „Team America“ ist in Wirklichkeit nichts weiter als eine schräge Puppen-Parodie aller Action-Filme von Jerry Bruckheimer, von „Armageddon“ bis „Pearl Harbor“.
„Das war eigentlich unser Leitbild“, meint Stone.“Kennst du diese ‚Was würde Jesus tun?‘-Armbänder? Wir hätten lieber ‚Was würde Jerry tun?‘-Armbänder gehabt. Und die Antwort lautete immer: Er hätte alles in die Luft gejagt“
Doch Parker und Stone sind schlauer, als sie üblicherweise erkennen lassen. „Wir versuchen, für den Rest Amerikas zu sprechen“, erklärt Stone. „Das sind diejenigen, die Bush für einen Idioten halten – und Michael Moore auch.“ Und Parker ergänzt: „‚Team America‘ ist eine politische Satire, aber es geht darin weniger um Politik als um die Gefühle, die Amerika seit dem 11 September durchlebt. In ‚Team America‘ geht es darum, wie es ist, Amerikaner zu sein, wenn Ausländer dir entgegenschleudern: ‚Fuck you für das, was dein Land macht‘. Es ist kein Argument für oder gegen etwas, sondern über Emotionen – soll ich mich schämen oder stolz sein?“
Trotzdem haben die beiden nicht den Ehrgeiz, auf Stimmenfang zu gehen. „Wer aus diesem Film oder einem Michael-Moore-Film rausgeht und meint, jetzt anders wählen zu müssen, der ist so dumm, dass er das Wählen nicht verdient hat“, meint Stone. „Wenn du keine Ahnung hast, brauchst du dich fürs Nichtwählen nicht zu schämen“, meint Stone zum Schluss. „Die Leute sagen, wenn du nicht wählst, darfst du dich gefälligst auch nicht beschweren. Aber das stimmt nicht, du kannst dich beschweren, so viel du lustig bist. Das hier ist schließlich Amerika!“