Songs mit Zellschmelze
Soulwax sind nah dran an den Bastard-Pop-Exkursen ihrer Bandleader: Sie remixen sich selbst beim Spielen
Mit Klängen jonglieren, das konnten die vier Belgier von Soulwax schon immer. Als eine Art europäisches Pendant zu Beck recycleten sie schon in der Vergangenheit mutig den Sound ihrer Idole, nicht ohne dem Ganzen eine eigene Note zu geben – und das gleich auf mehreren Ebenen. Denn in den fünf Jahren seit dem letzten Album „Much Agaist Everyone’s Advice“ haben zwei der Protagonisten, die Brüder David und Stephen Dewaele, unter dem Projektnamen 2 Many DJs für Furore gesorgt: Mit ihren genreübergreifenden Mixes wurden sie zu Vorreitern des so genannten Bastard-Pop, brachten die Platte „As Heard On Radio Soulwax Part 2“ raus, die sich dadurch auszeichnete, dass die Rechte an sämtlichen verbrateten Songs offiziell geklärt waren. Nur für Benelux allerdings, weshalb es das Werk anderswo ausschließlich als Import gab.
Der warme finanzielle Regen erlaubte Soulwax den Luxus, zwei Jahre am neuen Album „Any Minute Now“ basteln zu können. „2 Many DJs ist nur ein Hobby, das uns nicht besonders viel Mühe kostet, aber unseren dayjob bezahlt“, sagt David Dewaele und erklärt damit, warum auf der neuen Platte wenig von der Zeitgeistigkeit der DJ-Sets mitschwingt. „Es ist nicht so, dass wir die Leute vor den Kopfstoßen wollen. Dennoch wäre es uns egal, wenn einige vom neuen Soulwax-Album enttäuscht wären. Für uns ist 2 Many DJs nur ein Teil des Ganzen, wir haben mehr zu sagen. Es gibt genug banging dance music in meiner Welt, deshalb bleibt sie bei Soulwax außen vor.“
Vielmehr soll die LP als zeitloses Statement wirken, wie einst bei David Bowie oder Roxy Music. „Wir arbeiten ständig an neuen Ideen. Oft an mehreren Stücken parallel. Nicht selten passiert es dabei, dass aus drei Songs einer wird, in dem wir die besten Ideen zusammenfassen. Deshalb sind unsere Stücke häufig fast schon Collagen.“
Diese Herangehensweise birgt natürlich das Risiko, sich zu verzetteln oder den Songs im Lauf von wochenlanger Produktion ihre Ursprünglichkeit zu rauben. „Dieses Problem kennen wir gut“, gibt Dewaele zu. „Mit ProTools sind die Möglichkeiten ja unendlich. Wenn du allerdings nur einen Tag Zeit und vier Spuren Platz hast, bist du dazu gezwungen, Entscheidungen sofort zu treffen.“
Deshalb verwarfen die vier von Soulwax viele der in monatelanger Kleinarbeit im Heimstudio in Gent entstandenen Songs und spielten sie an einem Tag noch einmal neu ein, ob der simplen Erkenntnis: „Du musst einfach zu dem Punkt zurückkehren, an dem dich die Musik berührt hat.“