Bruce Hornsby
Ein Klavier, ein Klavier - nein, zwei. Der "The Way It Is" - Mann kann mit beiden Gehirnhälften zugleich klimpern
Dass die bewaffnete Security im „Bayrischen Hof“ zu München nicht auf Bruce Hornsby (sondern auf die neuseeländische Außenministerin) aufpasst, kann man sich denken. Hornsby gehört längst zur alten Garde versierter, aber wenig gehörter Musikanten, denen in der erbarmungslosen Musikindustrie der Gegenwart bestenfalls eine kleine Nische bleibt Umso mehr wundert es, dass Hornsby nach dem Rauswurf bei der RCA vor zwei Jahren nun doch wieder bei einem Major-Label (Columbia/Sony) untergekommen ist und just eine neue Platte namens „Halcyon Days“ veröffentlicht hat. Don’t shoot the piano player!
Herr Hornsby, hatten Sie sich nach dem Flop des letzten Albums „Big Swing Face“ darauf eingestellt, nur noch für ein sehr kleines Publikum zu veröffentlichen?
Es erschien mir und meinem Manager tatsächlich unwahrscheinlich, angesichts der angespannten Zeiten noch einen Vertrag bei einer großen Firma zu bekommen. Aber Columbia Records hatten mir schon früher angeboten, ich solle meine alte Firma verlassen und zu ihnen überlaufen. Wir haben dort die neuen Songs vorgespielt – nicht in erster Linie, um sie zu überzeugen, sondern um die Reaktionen zu testen. Wenn sie nicht sichtbar begeistert gewesen wären, hätten wir kein Interesse an einer Zusammenarbeit gehabt In Ihrer Lage sind das stolze Worte. Alles andere ist doch Unsinn. Natürlich will man ein großes Publikum erreichen und seine Platten nicht nur für die Kumpels nebenan machen. Aber in meinem Alter kann man doch den Erfolg nicht um jeden Preis wollen, sondern nur zu den eigenen Bedingungen.
Und die sind?
Meine Songs. Mein Sound. Und mein Pianospiel. Da darf mir halt keiner reinreden. Ich habe mich vor neun Jahren wieder neu dem Klavier verschrieben und mich in einen Bereich vorgewagt, den zu erreichen ich vorher noch nicht einmal geträumt habe. Es geht darum, beim Spielen deine Gehirnhälften praktisch völlig voneinander zu trennen und so die Hände völlig unabhängig voneinander zu machen – die Königsdisziplin jedes Pianisten. Wer mich wirklich verstehen will, muss das live erleben. Ich denke, es gibt niemanden in der Popmusik, der derzeit etwas Vergleichbares macht. Dass muss schon auch auf meinen Platten vorkommen.
Ist denn Perfektion am Instrument ein Indiz für ein gutes Album?
Unter Umständen, ja. Mir jedenfalls ist es immer darum gegangen, musicianship moments in den Kontext einer Komposition zu integrieren. Hören Sie sich doch noch mal „The Way It Is“ an: Da sind zwei Pianosoli drin!
Wenn das ihr kreativer Antrieb ist, ist dann der Popsong nicht das falsche Betätigungsfeld?
Nein, gar nicht – ich liebe diese Musik. Sehen Sie, es geht mir so: Wenn ich mit Paul Simon zusammen bin, fühle ich mich eher wie ein Pianist. Wenn ich mit Chick Corea spiele, eher wie ein Songwriter. Ich verbringe viel Zeit mit dem Piano, weil ich es so unfassbar schwer finde, es wirklich gut zu spielen. Andererseits ist eine guter Song eine sehr befriedigende Sache, weil er für immer bleibt Man ist am Ende seines Lebens ja stolzer auf eine Sammlung toller Lieder als auf eine Sammlung toller Soli.
Nachdem „Big Swing Face“ recht modern und experimentell klang, bekommt Ihr Publikum auf „Halcyon Days“ wieder das, was es erwartet – und Eric Clapton, Sting und Elton John als Gäste dazu. Sind das Zugeständnisse an die neue Firma?
Die Platte war fertig, als wir sie der Columbia präsentierten. Da hat keiner ein Mitspracherecht gehabt. Wahr ist, dass ich mich nach den Experimenten des letzten Albums wieder nach dem Piano gesehnt habe. Und wenn ich Songs am Piano schreibe, na, dann klingen sie eben so. Was meine Gäste anbelangt Eric, Elton und Gordon haben über die Jahre immer mal wieder freundliche Sachen über meine Musik gesagt. Ich dachte mir, was soll’s, ich lade sie ein. Und sie sind gekommen!
Wo wir bei prominenten Kollegen sind: Nächstes Jahr feiern Grateful Dead ihren 40. Geburtstag. Man munkelt, dass Sie womöglich wieder ins Line-up gebeten werden. Ich habe die Gerüchte auch schon gehört. Aber ich fürchte mich doch ein bisschen davon Mit den Dead zu touren bedeutet viel Arbeit. Die Jungs sind halt ein loser Haufen, den zu organisieren ziemlich anstrengend sein kann… da weiß ich meine eigene Band schon ziemlich zu schätzen. Aber davon abgesehen: You’re always grateful when the Dead phone!