Film-Maniac Quentin Tarantino über David Carradine, die Dreharbeiten zu „Kill Bill“ und seine Haupt-Inspirationsquelle – seine Plattensammlung
Weil ich im Studio gesessen und geschnitten habe. Ich bin 60 Tage im Verzug, da konnte ich einfach nicht wegfahren. Ich muss bis Oktober den Film fertiggestellt haben. Derzeit habe ich – offen gesagt – gerade mal die Hälfte des Films geschnitten.
Wovon handelt „Kill Bill“?
Eine Gruppe von Killerinnen wird von ihrem Boss Bill niedergeschossen. Die Anführerin, gleichzeitig Bills Braut, wird allerdings nur schwer verletzt. Nach fünf Jahren erwacht sie aus dem Koma und rächt sich an Bill. Nur so viel: Es hat mich das ganze Filmgenre der 70er Jahre beeinflusst, nicht nur die Hongkong-Filme. Ich bin ein Genre-Liebhaber – alles vom Spaghetti Western bis zum Samurai-Movie.
Wie bist du auf David Carradine gekommen?
David war seit meiner frühesten Kindheit einer meiner Lieblingsschauspieler. Schon seit langem wollte ich ihn in einem meiner Filme haben, aber ich bin nie auf die passende Rolle gestoßen. Bislang war nie der passende Charakter dabei. Selbst als ich „Kill Bill“ zu schreiben begann, hatte ich zuerst an jemand anderen gedacht, der aber nicht zur Verfügung stand. Beim Drehbuchschreiben las ich gleichzeitig Davids Autobiografie – und je mehr ich schrieb und las, desto mehr stieß ich auf gewisse Ähnlichkeiten – bis ich mir eines Tages dachte: Hey, David kann doch der Kerl Bill sein.
Ich habe gehört, dass es nicht ganz einlach war, Harvey Weinstein von David Carradine zu überzeugen.
Das ist nur bedingt richtig. Ich bin zu Harvey gegangen und hab ihm David vorgeschlagen. Weinstein wollte vorher aber Carradine kennenlernen, und nachdem er ihn getroffen hatte, meinte er nur: Der ist ja richtig cool – und hat dann die Idee unterstützt. Wirklich hart kämpfen musste ich also nicht.
Werden wir Uma und David in einem Kung-Fu-Duell erleben?
Uma wird in einem Schwertkampf zu sehen sein, dafür hat sie drei Monate lang trainert. Auch Daryl Hannah musste sich das ganze Samurai-Zeug draufschaffen. Das Schwierigste waren die Stunts, weil die neuartig sein sollten. Zum Glück hat es den Stuntleuten und auch den Mädels Spaß gemacht; sie haben monatelang wild trainiert. David ist natürlich der Kung Fu-Meister, aber wer von den Mädchen gegen ihn kämpft und wie sie kämpfen, verrate ich nicht.
Gab es irgendeine außergewöhn- liche Episode bei den Dreharbeiten?
Kann man wohl sagen. Ich redete gerade mit einigen Leuten im Team darüber, dass wir ein Loch in den Boden bohren müssten. Noch während ich rede, nimmt einer von ihnen den Bohrer und fängt einfach an. Ich will gerade gehen, als ich merke, dass er meinen Schuh angebohrt hat. Ich habe ihn angebrüllt, er soll mir den Bohrer geben. Er brüllte zurück: „Nein, das ist meiner.“ Ich wollte ihn ausschalten, aber in dem Moment hat er ihn hochgerissen und zog schimpfend davon.
Ist es wahr, dass du angeblich zwei Filme aus dem Material von „Kill Bill“ machen willst?
Ich weiß es noch nicht, ich bin mitten im Schneiden. Aber wer weiß, vielleicht entscheide ich mich für einen, zwei oder gar drei Filme.
Und eine DVD hast du für „Kill Bill“ sicher auch schon im Kopf.
Klar, das ist ja das eigentlich Coole an der DVD: Du kannst Material draufpacken, das im Kinofilm keinen Platz hat, weil es eigentlich nur dich und ein paar Fans, die alles wissen wollen, interessiert, aber den Großteil der Zuschauer langweilt. Ich nehm die DVD ziemlich ernst, für mich ist das wie ein eigener Film und nicht einfach nur ein paar zusammengestückelte Schnitte vom Film. Aber du mussl warten können, bis das Publikum total scharf auf die DVD ist – dann macht es doppelt Spaß.
Wann hast du angefangen, dich für Film zu interessieren?
Ich glaube, ich hab das in der Muttermilch mitbekommen. Ich bekam sogar den Job in einem Videoladen mit der Begründung, ich wäre wohl ein wandelndes Filmlexikon.
Wie viele Filme schaust du dir im Laufe einer Woche an?
Schwer zu sagen. Wenn ich wie jetzt arbeite, sind es nur ganz wenige. Ich habe mir vor wenigen Tagen „The Italien Job“ angesehen; hat mir gut gefallen, von der Regie bis zu den Schauspielern.
Wo kommen dir die besten Ideen?
Meistens, wenn ich in meinem Musikzimmer bin und alten Platten spiele und dazu singe. Im Trailer von „Kill Bill“ hörst du japanische Musik, auf die ich eines Tages zufällig in meiner Sammlung stieß. Sie gefiel mir so gut, dass ich sie einfach irgendwo unterbringen musste.