Die Dandy Warhols haben sich mit Dollars aus der Werbung eine Pop-Art-Factory gebaut
Als „Bohemian Like You“ von den Dandy Warhols im letzten Jahr plötzlich pausenlos erst im Werbefernsehen und dann im Formatradio zu hören war, war die Überraschung groß. Das Album zum Handylied, „Thirteen Tales From Urban Bohemia“, hatte man ein gutes Jahr zuvor anerkennend abgenickt – die großen Rock-Entwürfe, die Psychedelic-Etüden, die kreative Coolness, alles toll, doch die Halbwertszeit des dritten Werks der Sonderlinge aus Portland war eher kurz. Die Rettung kam, tja, durchs Telefon. „Es war natürlich eine unfassbare Befriedigung, dass ‚Bohemian Like You‘ so ein Riesending wurde“, erklärt Dandy-Vormann Courtney Taylor-Taylor im Rückblick,“.seitdem küssen sie uns den Arsch und lassen uns machen.“
Der rüde Tonfall, die gelangweilt-arrogante Miene, die Verweigerung auf allen Ebenen, all das kennt man von Taylor-Taylor, Peter Holmstrom, Zia McCabe und Brent DeBoer. Die Geschichten von öffentlichen Entgleisungen und Drogenexzessen begleiten die Dandy Warhols seit Beginn, aber ihre Attitüde ist die von Kunstrebellen. Die Gelder, die die Liaison mit der Telekommunikationsbranche einbrachte, machten den Weg frei für ein ersehntes Projekt: Daheim in Portland erstanden die Vier einen alten Lagerhauskomplex und stopften ihn nach den notwendigen Renovierungsarbeiten voll mit allerlei technischem Gerät. Seit das „Odditorium“ nun im Januar seine Pforten öffnete, hat die kreative Gemeinde der Stadt ein neues Heim mit diversen Tonstudios, Ateliers, Proberäumen, Bibliotheken und Computern zur kostenlosen Nutzung. „Es geht bei dieser Band immer darum, unsere Träume zu verwirklichen, ob nun mit viel Geld oder wenig“, sagt Taylor, für einen Moment fast enthusiastisch. „Das Odditorium ist so ein Traum: eine voll funktionsfähige Kunstfabrik.“
Seine Begrifflichkeiten wählt Taylor-Taylor mit Bedacht; die Liebe zu Pop-Art, Bowie und Velvet Underground prägt das Werk der Dandy Warhols, und auch im spröden, gar nicht mehr rockenden Lo-Fi-No-Pop des neuen Albums, „Welcome To The Monkey House“, lassen sich die Vorlieben ausmachen. Wenn obendrein das Cover beim altgedienten Pop-Artisten Ron English bestellt wird und neben Ex-Duran Duran Nick Rhodes kein Geringerer als Tony Visconti produziert, dann geschieht die Annäherung ans Ideal so offensiv wie nie.“Ich weiß nicht, ob an der Musik irgendwas direkt auf Pop-Art verweist“, zweifelt Taylor-Taylor, „die Platte ist wie immer – wir hatten beim Mix bloß etwa 300 Gitarrenspuren zuviel. Außerdem ist die Intention des Künstlers immer Kunst; Pop entsteht erst in der Rezeption des Konsumenten. Von innen sieht alles gleich aus.“