Der mobile Pop von SAINT ETIENNE kehrt an den Start zurück. Nur: Die Heimat ist nicht mehr so schön
Bei der Musik der Band Saint Etienne geht es seit zwölf Jahren darum, vorteilhaft gekleidet und frisiert zu sein und beim Ankleiden und Frisieren auch noch die richtigen Platten zu hören. Life mit style, und die Lieder sind die Möbel. Das House-Chanson „Nothing Can Stop Us“ wird eher ein Motorroller gewesen sein, „He’s On The Phone“ und die gelasseneren Hits waren sicherlich Teile eines loungigen Polster-Ensembles.
Aber der eigentliche, etwas versteckte Lifestyle-Aspekt von Saint Etienne ist, dass ihre Platten immer an ganz bestimmten Orten spielen. Das Debüt „Foxbase Alpha“zum Beispiel, das war das neue Swinging Acid-London im Sommer der Liebe 1991. „Tiger Bay“ fand an balearischen Perlenstränden statt (als sich Ibiza bei den Briten als Urlaubs-Rave-Insel etablierte). „Sound Of Water“ war das Berlin-Album, und die neue Platte heißt „Finisterre“: das Ende der Welt. Direkte Inspiration kam vom Namen einer Höhle im ostspanischen La Coruna, „aber die Wohnung von Pete Wiggs, wo wir die Platte gemacht haben, fühlt sich auch wie das Ende der Welt an“, sagt Bob Stanley, der andere Mann im Trio, in pflichtbewusstem Scherz.
Es ist wieder London, entmythologisiert Dem idyllischen Song „How We Used To Live“ von vor zwei Jahren halten Saint Etienne nun das geisterhafte, Pet-Shop-Boys-hafte „The Way We Live Now“ entgegen – „London verändert sich, auch die viktorianischen Teile werden mit modernen Gebäuden vollgebaut, die Gewalt auf den Straßen wird schlimmer“, erzählt Stanley. „Es fühlt sich an wie das, was in den Achtzigern in New York passiert ist.“ Die Metamorphose erkennt er nur, weil er schon so ewig in London wohnt Jeder andere Ort in seiner Musik ist Urlaub.
Ausgehen und Schönsein fällt eben auch nicht mehr so leicht. Sarah Cracknell hatte sich für die Geburt ihres Kindes auf Alkoholentzug gesetzt und wird heute schon von wenigen Gläsern betrunken. Stanley und Wiggs gehen weiter als DJ-Team auf Parties, aber Auflegen war ja immer die eleganteste Entschuldigung dafür, nicht selbst tanzen zu müssen. Was von den frühen Thesen bleibt: Es geht um die richtigen Platten.