Von privater Psychoanalyse hält HERBERT GRONEMEYER nicht viel. Er verspricht „“ein hohes Maß an Lebensfreude“ für das neue Album und die Tournee
Es war ja klar, dass Herbert Grönemeyer nicht so leicht davonkommen würde. Diverse Konzerte musste er der „Das Beste von gestern bis Mensch“-Tournee schon hinzufügen. Es gibt einfach zu viele Menschen hier, die ihn sehen wollen. Endlich wieder auf den ganz großen Bühnen, mit den geliebten alten Songs und vielen neuen auch.
Das neue Album, „Mensch“, durfte bis zum Redaktionsschluss zwar noch kein Mensch hören, aber jeder überlegt schon aufgeregt, wie es klingen mag. Bleibt alles anders? Grönemeyer spricht von „rhythmusorientiert, programmiert und songorientiert“, was alles heißen kann und nichts. Er selbst erhofft sich von den Liedern einiges an Erkenntnis: „Ich habe zu mir noch kein Verhältnis. Die Platte soll mir sagen, wie ich geworden bin: zynischer oder pragmatischer oder was auch immer?“ Auf jeden Fall ist er immer noch produktiv, und das hätten vor vier Jahren viele kaum für möglich gehalten.
Man kennt den Hintergrund: Seine Frau Anna starb an Krebs, kurz darauf auch der Bruder. Weder „Eigentherapie“ noch „private Psychoanalyse“ soll das neue Werk sein, und so etwas Billiges hätte man von Grönemeyer auch gar nicht erwartet. Viel Persönliches gibt er auch im Vorfeld dieser Platte nicht preis, nur soviel: Wahrscheinlich ist es seiner Töchter zu verdanken, dass er noch Musik macht, denn die habe sofort gesagt: „Du hörst aber nicht auf zu singen!“ Worauf er beschloss, weiterzumachen, trotz aller Zweifel. „Nach dem Tod meiner Frau hatte ich Angst, ob ich überhaupt noch Musik schreiben kann. Aber ich bin Musiker und kann nicht anders, als weiterhin welche zu machen.“ Ein hohes Maß an Lebensfreude spricht er „Mensch “ nun zu. Das Grundgefühl mag am quirligen London liegen, wo Grönemeyer lebt – noch. Er denkt daran, zurück nach Berlin zu ziehen, aber noch lässt ihn die „Hassliebe“ zu London nicht los. Im direkten Vergleich mit Deutschland kommt die Wahlheimat Großbritannien allerdings recht schlecht weg: Das „gesamte Sozialsystem“ dort gefällt ihm natürlich nicht, die Feinheiten seiner Muttersprache vermisse er, auch wenn er mittlerweile gut englisch spreche.
So hält Grönemeyer Berlin immer noch für seine eigentliche Heimat und schätzt an der Stadt vor allem, dass sie „so undeutsche Elemente“ hat. Ein Superstar ist er – in ganz Deutschland der Einzige, der zurzeit solch große Stadien füllen kann und gleichzeitig vom Feuilleton geliebt wird. In London erkennen ihn nur deutsche Touristen und „ungefähr vier Engländer“, die sich noch an „Das Boot“ erinnern. Nur einmal ist er in der britischen Hauptstadt „fast aufgetreten“. Immerhin mehr als 600 Tickets waren für das Konzert bereits verkauft, da quetschte er sich einen Finger in einer Autotür und musste das Unternehmen absagen. Heute kann er darüber laut lachen. Er will gar kein „Humorbolzen“ sein, aber lockerer als dieser Tage hat man Grönemeyer nie erlebt. Für die kommenden Konzerte kann das nur bedeuten, dass man tatsächlich „Das Beste“ erwarten darf.