Die irische Newcomerin THEA GILMORE lässt mit ihrem ersten Album alle Folk-Klischees hinter sich
Britische Folkmusik erinnert traditionell an eine Märchenwelt aus glücklicher vergangener Zeit in zauberhaften Feldern und Wäldern – Tanderadei! Die Folksongs der irischen Engländerin Thea Gilmore sind alles andere als eine gesungene IIlustration zuckersüßer Pilcher-Motive. Das klingt zwar oft wie süße Sahne, aber ihre Protagonistin schreibt dem blöden Lover am nächsten Morgen mit Lippenstift eher ein herzliches „Fuck You“ auf den Badezimmerspiegel, anstatt von zukünftiger Ehe samt Landsitz zu träumen. Da singt eine andere zwar vom Händchenhalten, doch die zitternde Hand gehört einem Drogensüchtigen, der eher seiner Sucht als der großen Liebe frönt „Es ist schon merkwürdig, aber bei Konzerten scheinen die Leute solche Songs von mir eher zu erwarten als irgendein unrealistisches Liebesmärchen. Wir leben eben nicht in dieser Werbe-Welt mit sicherem Happy End.“
Thea Gilmore wurde vor 22 Jahren als Tochter irischer Schriftsteller in Oxford geboren, verbrachte idyllische Sommerferien bei Dublin und liebte von klein auf Worte. „Ich hatte keine Freunde, aber immer Papier und Bleistift. Ich spielte eben mit Worten.“ Tolkien las sie mit fünf. Mit Kurzgeschichten und Gedichten gewann sie als 13-Jährige Preise, und mit 15 entdeckte sie die Musik.“ In England sind die Leute zur Musik eher kühl eingestellt, aber Iren lieben Musik leidenschaftlich. Inzwischen ist sie der wichtigste Teil meines Lebens. Ich habe Musik nie studiert, aber ich würde auch Musik machen, wenn ich nichts veröffentlichen kann.“
Am liebsten sähe sie sich in der Tradition amerikanischer Geschichtenerzähler, die Stories aus dem echten Leben überzeugend vermitteln, und das im Gewand englischer Folkmelodien. „So mixe ich mir auch die Charaktere in meinen Songs aus Beobachtungen und eigenen Erfahrungen zusammen. Folkmusik ist heute ja eher eine Grauzone. Da muss man schon mit deftigen Effekten nachhelfen.“ Ihre autobiografischen Songs sind als Spiegelbild für andere gemeint zum Wiedererkennen. „Ich liefere diese Selbstporträts, als seien sie von Picasso gemalt. Schief und eckig mit ein paar Extra-Augen.“