diebe im tempel: CORNERSHOP wissen: Funk- Schlagzeug und Sitar haben gemeinsam, dass man beides im Sitzen spielt
Sogar Cornershop, die kleine Band, deren Musik vom Switch zwischen Stilarten und kulturellen Features getrieben wird, hat mittlerweile einen langen Eintrag im Geschichtsbuch der englischen Indie-Szene. Vor knapp zehn Jahren, als die erste Single auf dem Chaoten-Label Wüija herauskam, traten Tjinder Singh und seine Freunde in Slogan-T-Shirts auf, machten dezidiert antirassistischen Gitarren-Radau, verbrannten Fotos des reaktionär verdächtigen Morrissey und wurden einstimmig gehasst. Die Ausdifferenzierung lief über seinerzeit visionäre Elektronik-Einsätze, Funkyness, den von Fatboy Slim remixten Hit „Brimful Of Asha“, und zum aktuellen Album „Handcream For A Generation“ trägt Tjinder Singh gebügelte Anzüge und spricht als eider statesman des multikulturellen Pop. Als Weisen der sich Übersicht erworben und bewahrt hat.
Singh und sein derzeit einziger Partner Ben Ayers leben noch immer in ethnisch stark gemischten Teilen Londons. Und ihre Platte klingt so, als ob man durch eine dieser Straßen läuft, wo aus offenen Türen Reggae, Rock und India-Pop heranwehen. Echte Kulturen-Verschmelzung, sagt Singh, ist eine Illusion: „Wenn wir Musik verwenden, achten wir darauf, dass wir sie nie aus dem Rahmen lösen, in den sie gehört. Nimm Sitars – viele Leute, auch in Indien, benutzen Sitar-Samples und stellen sie in einen hyperklinischen Sound. Wenn man Sitar spielt, muss man eigentlich am Boden sitzen, zwischen ein paar Mönchen oder so. Eine solche Aufnahme kann doch nur roh klingen.“
Für die schweren Gitarren auf neuen Stücken wie „Staging The Plaguing Of The Raised Platform“ machen sie vor allem den Umstand verantwortlich, dass es derzeit so viel schlechten Rock gebe. Den Eltern der Kinder, die dort „Making the dope dope“ singen, hat Singh einfach „in HipHop-Terminologie erklärt, dass dope nicht ‚Droge‘ heißen muss, sondern alles sein kann, was gut ist“. Also doch Kulturvermittlung.