Die wichtigsten britischen Musikblätter, „„MOJO“ und „“NEW MUSICAL EXPRESS“ feierten runde Jubiläen
Als Ende Februar in England die neuen ABC-Zahlen veröffentlicht wurden, die quartalsmäßig Auskunft geben über die Auflagenentwicklung im Pressebereich, machte sich Erleichterung breit im „NME“-Camp. Man war am Feiern. 50 Jahre „New Musical Express“. Ein stattliches Jubiläum für jedes Periodikum, ein sunken, zuletzt dramatisch. 47000 Käufer hatte der „NME“ seit 1996 verloren, und die jähe Einstellung des noch traditionsreicheren Schwesterblattes ,JMelody Maker“ zerrte zusätzlich an den Nerven. Doch, Eureka, die Zahlen erwiesen sich als gnädig. Der Abschwung schien gebremst, die Auflage hatte sich stabilisiert. Allerdings auf niedrigem Schwindsucht Sogar die in den 90er Jahren florierenden Dance-Titel wie „Ministry“, „Mixmag“ und „Muzik“ mussten herbe Umsatzeinbußen hinnehmen, während Teen-Magazine wie „Smash Hits“ oder „Top Of The Pops“ regelrecht einbrachen. Erstmals erwischte es gar „Q“, ein bunt illustriertes Vakuum ohne Diskurs, das sich nur zum flüchtigen Durchblättern eignet. Zuwachsraten verzeichneten zuletzt nur reine Rock-Gazetten. „Kerrang!“, die wöchendiche Bilderpost für Headbanget; überflügelte den „NME“, „Rock Sound“ und „Classic Rock“ legten kräftig zu. „Rock up, Pop down“, schlagzeilte das Branchenblatt „Music Week“ sensationelles für eine wöchendich erscheinende Pop-Postille. Da wären weitere Hiobsmeldungen von der Kiosk-Front nicht sehr stimmungsfördernd gewesen. Seit Jahren war die Auflage geNiveau: Nur noch 72000 Hefte gingen weg, ein knappes Viertel dessen, was vor 25 Jahren nachgefragt wurde. Ein Schuh, den sidi „NME“-Herausgeber Neil Robinson nicht anziehen will. Der einzige grobe Schnitzer, den man gemacht habe, sei Vorjahren der Internet-Auftritt des,JNME“ gewesen. „Wir haben anfangs den halben Heftinhalt ins Netz gestellt und damit die gedruckte Ausgabe obsolet gemacht Das wurde jedoch schnell revidiert, und heute ergänzen sich Papier und Website optimal,“ Der ehemalige „NME“-Readakteur Neil Spencer, derzeit beim „Observer“ tätig, fuhrt die generelle Auflagenschwäche der Musikpresse auf die Schwäche der Musik zurück, die gecovert wird. Es gäbe einfach nur noch selten etwas Aufregendes zu entdecken, und die paar substantiellen Acts, die Aufmerksamkeit verdienten, würden von den schwerfalligen Produktionsmechanismen der Musikindustrie ausgebremst „Wozu jede Woche eine Zeitschrift lesen, wenn deine Lieblingsband nur alle zwei Jahre eine neue Platte herausbringt?“ Ein Dilemma, das „Mojo“ nicht kennt. Statt neuesten Trends hinterherzuhecheln, durchforstet man im Monats-Turnus die 50-jährige Rock’n’Roll-Historie nach Thrills, recherchiert gründlich und schreibt kennerhaft. Für eine stetig wachsende Lesergemeinde mit einem Altersdurchschnitt von 33 Jahren. „Schläfer wecken“, so die bündige Antwort des scheidenden Editors Paul Trynka auf die Frage, welches das vornehmste Ziel von „Mojo“ sei, „und großartiger Musik ein Forum bieten.“ Journalistisch anspruchsvoll, wirtschaftlich erfolgreich: Die 100. Ausgabe des Musikologen-Magazins hat die magische 100 000er Marke erreicht Wir gratulieren. Um den älteren, mehr an Qualität denn an Aktualität interessierten Leser buhlen längst auch andere Mitbewerber mit Erfolg. „Uncut“ verkauft inzwischen stolze 78000 Hefte, die Auflage von „Get Rhythm“ verdoppelte sich binnen zwölf Monaten. WD