Mr. Spaceman – Als einsamer Astronaut steuert Jason Pierce sein Schiff SPIR1TUALIZED. So verfliegt er sich nie
Als Ende Juli der Ätna ausbrach, dauerte es nur wenige Tage, bis Jason Pierce vorort war: „Ich hab es in den Fernseh-Nachrichten gesehen und gleich an das hübsche Budget gedacht, das die Plattenfirma für Promotion-Fotos bereitgestellt hatte.“ Die sizilianischen Polizisten erkannten die künstlerische Absicht und ließen Herrn Spiritualized ganz nah an die Lava. Da stand er im silbernen Schutzanzug, mitten im Vulkangeröll, in seiner Lieblingsrolle als einsamer Weltraumpilot. Hinterher musste er Fachfragen beantworten, weil die Gaffer ihn für einen Geologen hielten.
Pierce hat sich daran gewöhnt, seine fixen Ideen mit niemandem abgleichen zu müssen. Im Psycho-Garagen-Duo Spaceman 3 ging es am Schluss so weit, dass er sich mit dem Partner Sonic Boom 1991 die letzte Platte teilte: Jeder machte eine Seite. „Allein zu arbeiten ist instinktiv der bessere Weg. Es gibt nie diesen Wettbewerb, wer sich durchsetzen kann und wer nicht“, sagt Pierce. Spiritualized, keine Diskussion, das ist er. Wenn die Arbeit an neuer Musik ansteht, schickt er die anderen Bandmitglieder in Urlaub.
Vergangenen Juni hat er drei von ihnen gefeuert, es sei um Geld gegangen, meint er knapp: „Später haben sie das an die große Glocke gehängt, damit für ihre neue Band Lupine Howl etwas abfällt.“ Das fünfte Spiritualized-Album „Let It Come Down “ (wieder ein schweres Amalgam aus Gospel, Blues und Salon-Rock) war da längst fertig, nach über einem Jahr schmerzhafter Arbeit. Pierce hatte voluminöse Orchester-Arrangements geschrieben, mit Diktiergerät und Ein-Finger-Klavier. Viel zu viele Stimmen, stellte sich heraus, aber einen professionellen Arrangeur wollte er nicht: „Das wäre ein zu akademischer Ansatz gewesen. Als die Musiker meine Noten spielen mussten, sagten sie oft: .Das ist falsch, das kannst du so nicht machen!‘ Egal. Genau so sollte es klingen, hundertprozentig so.“
Was Pierce fasziniert: die Vorstellung vom geschlossenen Werk, die Autorenschaft, die nichts dem Affekt überlasst. „Du kannst psychedelische Platten machen, ohne eine psychedelische Person zu sein“, sagt er. Kein Vergleich mit Maestro Brian Wilson: „Der hat die Bläser aufgenommen, als ob sie im All schweben. Würde ich nie machen.“ Schweben: okay. Aber die Partitur muss es hergeben.