Britta, Gisela, Gloria, Roberta…
Die Parallelen zu Nick Hornbys "High Fidelity" liegen auf der Hand, und doch ist FRANK GOOSEN mit "Besser liegen" ein bemerkenswerter Roman gelungen
Es ist nicht ganz einfach, dem Debütroman des mehrfach preisgekrönten Kabarettisten und „Tresenlesers“ Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Denn zuallererst ist „Liegen lernen“ ein schamloses Plagiat. Der Roman erinnere „stark an die Bücher Nick Hornbys. Wie der Brite bedient sich auch Goosen eines schnörkellos-lakonischen und dennoch herzlichen Tonfalls ohne aufgesetzte Coolness“, verkündet ein wacker den Pressetext ausmalender Thomas Brussig im „Spiegel“.
Immerhin, Brussig ahnt schon was. Aber es sind nicht „die Bücher“, es ist ein Buch, „High Fidelity“ nämlich, das für den Ruhrpott-Romancier nicht nur Vorbild, sondern streckenweise auch Schreibfolie war. Die Analogien sind schlagend. Wie Hornbys Ich-Erzähler Rob Fleming strukturiert Goosens Helmut sein Leben durch die einzelnen Beziehungen, die es ihm einbrachte. Fleming darf sich an fünf Frauen versuchen, bevor er schließlich seine Laura kennenlernt, auch von ihr verlassen wird, bis beide schließlich wie auch immer geläutert aus dieser Krise hervorgehen und dauerhaft zusammenbleiben. Helmut durchlebt nur vier Beziehungen, die dafür aber – ein ganz hübscher Einfall – in akkurater alphabetischer Ordnung (Britta, Gisela, Gloria, Roberta), bis er endlich an Tina gerät..
Selbst noch das bereits bei Hornby eher abwegige Motiv, den Helden noch einmal die einstigen Eroberungen abklappern zu lassen, lässt Goosen nicht aus. Hinzu kommt das bei Hornby abgelauschte geplauderte, quasi-mündliche Parlando; hinzu kommen auch noch starke Ähnlichkeiten der weiblichen Charaktere. Und nicht zuletzt will auch,liegen lernen“ ein, ,mit viel Musik orchestrierter Roman“ (Cover) sein.
Während es Hornby aber unter Aufbietung von Fachkenntnissen durchaus versteht, die popmusikalische Obsession seines Helden sinnfällig zu machen, die ganze obskure Welt des addicts anschaulich zu vergegenwärtigen, bleibt das Thema hier völlig im Hintergrund – undeutlich und verschwommen wie im Kaufhaus. Das liegt vor allem daran, dass Goosen nicht sehr expressiv über Musik zu schreiben vermag: „Manchmal saß ich mitten in der Nacht neben meiner alten Kompaktanlage und hörte .Nebraska‘. Manchmal ,Nights In White Satin‘, aber nur, wenn ich etwas getrunken hatte. Wenn ich wütend war, hörte ich Jumpingjack Flash‘, also das übliche.“ Das übliche, fürwahr. Aus dem
sich vielleicht ein Soundtrack für die 60er und 70er kompilieren ließe – aber Goosen hat sich nun mal vorgenommen, die 80er Jahre zu porträtieren!
Und damit sind wir schon beim letzten Monitum. Der Roman nähert sich den Zeitläuften eher atmosphärisch. Das Setting hätte durchaus etwas dichter, die alltagskulturelle Staffage detailgenauer sein können. Goosen bringt das an hard facts, was einem gerade noch einfällt, wenn man mal eine Weile nachsinnt: die obligate Lederkrawatte, die bis zum Ellenbogen hochgerollten Jackett-Armel, Leggings, Kohl, Kohl und nochmals Kohl, SOKO51B und schließlich the onc and only Mauerfall.
Und dennoch hat Goosen einen ganz wundervollen Roman geschrieben. Der sentimental ist, ohne peinlich zu sein, der trotz seiner Alltäglichkeit spannend ist und anrührend, dem es gelingt, die Freuden und Leiden der sexuellen Initiation, die Melancholie, Tristesse und Apathie dieser Jahre in einer Wahrhaftigkeit abzukonterfeien, dass einem Leser, dessen Adoleszenz ebenfalls in diese Zeit fiel, ganz warm ums Herz wird.