Guns N‘ Roses
Logisch scheint es ja, dass die einst „größte Rock’n’Roll-Band der Welt“, wie Axl Rose sie selbst ganz gerne nannte, jetzt ihre Rückkehr auf europäische Bühnen beim größten deutschen Rockfestival feiert. Schade nur, dass es sich genaugenommen gar nicht um Guns N‘ Roses handelt, die da bei „Rock am Ring“ und „Rock im Park“ spielen. Bis auf Axl Rose ist ja keiner übrig geblieben.
Immerhin: Rose hat sich erstaunlicherweise kaum verändert in den acht Jahren, nachdem man ihn zuletzt in Deutschland erblickte. Ein bisschen feister ist er geworden, ein bisschen weniger glamourös. Aber wer ihn bei „Rock in Rio“ gesehen und gehört hat, muss zugeben: An Kraft hat er in all der verlorenen Zeit nichts eingebüßt, und seine Stimme hat er zwischendurch wohl auch trainiert.
Allein, die Band fehlt sehr. Der Zylinder von Slash, die Punk-Attitüde von Duff McKagan und – den beiden neu vorgestellten Songs nach zu urteilen – auch das Songwriting von Izzy Stradlin. Natürlich ist Rose schlau und reich genug, um sich exzellente Musiker zusammenzusuchen. Dasselbe ist es trotzdem nicht. Ein Teil des Charmes, der GN’R ausmachte, war ja das fragile Bandgefüge: ein paar Typen, die sich in L.A. über den Weg liefen, eine Band gründeten und berühmt wurden, damit aber erst mal nicht viel anzufangen wussten. Sex, Drogen, wüste Konzerteund danach? Diven-Gehabe, Pomp, Zirkus. Und das war’s dann. Bis jetzt.
Was Rose in den vergangenen acht Jahren gemacht hat, bleibt immer noch ein Rätsel. Ein neues Album gibt es vor den Auftrittenjedenfalls nicht „So Gott will, beenden wir die Aufnahmen bald“, hatte Axl im Januar noch angekündigt. Doch was ist bei dieser Band schon bald? Noch in diesemjahrzehnt? In diesem Jahrhundert? Irgendwann wird keiner mehr danach fragen. Vorerst kann man sich noch auf drei Gigs freuen, bei denen alles möglich ist: Abbruch nach 20 Minuten oder drei Stunden Zauberei. Mythos-Demontage oder Auferstehung. Entweder ist Axl Rose grässlich oder grandios. Er kann nicht anders. Dazwischen gibt es für ihn einfach nichts.