Vom Trip-Hop zum Pop

Statt düsterer Klänge hört man von Morcheeba plötzlich Mainstram

Das „Conrad Int. Hotel“ im Londoner Nobelviertel Chelsea Harbour ist ein symbolträchtiger Ort: Die exklusive Fünfsterne-Herberge erhebt sich inmitten alter, längst ungenutzter Hafengebiete am Ufer der Themse und markiert so die Auferstehung aus den Ruinen – eine guter Ort für die Promotion von Morcheebas drittem Album „Fragments Of Freedom“, denn das Londoner Trio kann mit Kategorien wie „Neubeginn“ viel anfangen: Nach den eher deprimierten TripHop-Klängen ihrer ersten beiden Werke erfreuen sich Morcheeba plötzlich am Sein, geben sich unterdrückten Soul-Vorlieben hin und klingen so unbekümmert, dass man es kaum glauben kann.

„Es geht uns jetzt schlicht besser als früher“, erklärt Paul Godfrey, der zusammen mit seinem im Nebenraum dösenden Bruder Ross fürs Songwriting verantwortlich ist, den radikalen Kurswechsel. „Während der ersten beiden Alben ging’s mir beschissen, ich habe alles den Bach runter gehen lassen und war schließlich Alkoholiker und drogenabhängig.“ Paul rekapituliert den eigenen Niedergang mit der Ruhe und Präzision eines Mannes, der zum schmerzhaften Blick in den Spiegel gezwungen wurde. „Ich traf meine Frau, und sie hat mich an einen schöneren Ort geführt.“

Fürs musikalische Fortkommen war die persönliche Misere indes wohl recht zuträglich. „Natürlich haben wir die Überschrift TripHop zu unserem Vorteil genutzt“, erinnert sich Paul, „TripHop war die Verpackung, also haben wir uns dran gehängt.“ David Byrne ließ sich von den nun hippen Brüdern ein Album produzieren. Avantgarde ade – schon treten die ersten Nörgler auf den Plan: Die Musik sei zu seicht. Jörn Schlüter

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