In der Warteschlaufe der Loops
Als "Wegbereiter des modernen elektronischen Pop" gepriesen, suchen DE/VISION noch mal ihre Chance auf gangbaren Pfaden
Und immer wieder lockt… ja gut, das Weib auch, natürlich. Aber das geht nicht nur Musikern so. Für sie, mindestens einem Teil von ihnen, ist es der Synthesizer, sind es Loops und Samples, womit sich manch dürftiges Liedchen aufpeppen oder manch großer Song verwässern läßt Im schlimmsten – und allerdings auch im besten Fall wird aus dem ‚Kusch der Attribute ein Schuh. Denn wenn Musiker sich selbst auf der Sonnenseite des gefährlichen Spiels wähnen, reden sie am liebsten von der eigenen und immerhin doch bemerkenswerten Entwicklung, die sie an neue Ufer geführt habe.
Das hören wir auch von Steffen und Thomas, gemeinsam zwei Drittel der deutschen Formation De/Vision, der noch Kollege Markus angehört Dieses Trio zählt, gemeinerweise sei der ungeliebte Pressetext zitiert zu Deutschlands „Wegbereitern des modernen elektronischen Pop“, worauf die Zielgruppe schon vor zehn Jahren „nur gewartet hatte“. Schön für die Band in ihren Anfangstagen, ziemlich schlecht indes heute. Wer will schon Fans, die immer nur auf den nächsten Zug warten und dabei nicht merken, dass der Bahnhof hinter ihnen bereits abgerissen wird? Vor denen ergreift man am besten heimlich die Flucht. Und hierfür haben sich De/Vision einen zwar nicht ganz neuen, aber doch ziemlich gangbaren Pfad gesucht. „Das Rad“, beginnt Steffen die kleine Exkursion, „ist auch schon alt und wird trotzdem im Grunde noch benutzt wie vor 5000 Jahren.“ Und so gebe es heute eben auch in der Popmusik „nichts Neues mehr zu erfinden – was aber noch lange nicht bedeutet dass sie schlecht sein muss“. Sie jedenfalls freut es, „ein paar Akzente setzen zu können, selbst wenn das die Popwelt nicht erschüttert“.
Natürlich nicht „Wer mir heute vorwirft“, bemerkt Thomas und erwähnt die Kollegen von Depeche Mode vorsichtshalber gar nicht erst, „so ähnlich zu klingen wie die Musik der Achtziger, dem kann ich doch nur entgegenhalten, dass mir persönlich das Gefühl, für mich einen neuen Sound gefunden zu haben, vollkommen genügt.“ Und ganz so, dass sie in die patinierten britischen Schablonen passen würden, kommen die Songs von De/Vision ja nun auch wieder nicht daher. Könnte das, wir fragen bewusst ein wenig vorsichtig, an der Herkunft der Akteure liegen? „Es gibt offenbar tatsächlich erkennbare deutsche Elemente in unserer Musik“, sagt Thomas und sieht uns doch erleichtert, „von denen uns Freunde aus dem Ausland berichten. Wir Deutschen sind ja ziemlich pompös und wagnerianisch, da machen wir keine Ausnahme.“ Man habe das auf dem neuen Album „Votd“ vermeiden wollen, doch selbst Produzent Georg Kaleve war machtlos. „Unsere Songs sind mehr noch als früher mit Bombast vollgekleistert“ Schön für sie, dass ein Revival der Achtziger längst düster am Horizont dräut.