1991 löste Stephen Duffy Lilac Time auf. Wie gut die Band war, begriff er erst 1999: Reunion

Träumt nicht jeder diesen Traum? Ein Sechser im Lotto, eine Hitsingle, der Wimbledon-Sieg, der große Paukenschlag. Über Nacht wird das Leben umgekrempelt Aber irgendwann kommt man dahinter, daß sich all das nie verwirklichen wird. Das nennt sich dann Erwachsensein.

Selbst Pop-Romantiker werden hin und wieder erwachsen. Stephen Duffy sieht zwar immer noch so aus, als wäre es 1985 und „Kiss Me“ gerade erschienen („Warum hat mir damals keiner gesagt, daß ich falsch singe?“), aber mit Ende 30 und nachdem ihm ungefähr 50 Plattenfirmen die Tür wiesen, betrachtet er die Dinge realistisch. „Wenigstens kann man die Probleme im voraus erkennen, wenn man erwachsen ist. So wußte ich sofort, daß ich nie sechs Stunden mit Michael, unserem Drummer, in einem Raum verbringen könnte, ohne ihn umzubringen. Immer sucht er seine Sticks… Also richteten wir uns entsprechend bei den Aufnahmen darauf ein: Deshalb ist soviel Percussion auf der neuen Platte!“

Stephen Duffy und Michael Giri bilden den harten Kern von The Lilac Time 2000 – dazu kommen noch Stephens Bruder Nick, der normalerweise als Illustrator arbeitet, Sängerin Ciaire Worrall und passenderweise ein weiterer, nicht verwandter Duffy (Melvin) an der Pedal SteeL Eigentlich hatte niemand mehr eine Lilac-Time-Reunion auf dem Zettel – Duffy löste die Band 1991 auf und veröffentlichte seither diverse Soloalben (zuletzt das famose „I Love My Friends“). Als er jedoch den 91er-Klassiker „Astronauts“ für den japanischen Markt remasterte, haute ihn die Klangqualität der LP fast um. Und das, nachdem er zuvor stets jedem in die Parade gefahren war – „das waren doch nur Demos!“ -, der sich anschickte, „Astronauts“ zu loben!

„Plötzlich entdeckte ich, daß wir mit Lilac Time einen einzigartigen Sound kreiert hatten – meine Soloalben, hintereinander gehört, klingen dagegen wie Kraut und Rüben.“ Und so singt Duffy heute: „Tomorrow FU be dropped by BMG/ It doesn’t bother me/ I know Underground stars can’t fall further/ m go and make a record with my brother.“ Also, Äuglein zu und Lilac Time hören! Dann denkt man an Simon & Garfunkel, Nick Drake, Tim Hardin. Man riecht Landluft und sieht den Tau auf den grünen Wiesen.

„Looping For A Day In The Night“ ist noch softer und folkiger ausgefallen als die Vorgänger aus der Zeit zwischen 1987 und 1991, da darf auch mal ein Pferd dazwischen wiehern. Läßt sich Musik wie diese in Notting Hill komponieren, wenn nebenan Julia Roberts und Hugh Grant „Planet Hollywood“ hochziehen?

„Ich hab die meisten der Stücke auf den Malediven geschrieben. Ich war das erste Mal auf so einer einsamen Insel. Anfangs kriegte ich heftige Panikattacken, doch dann fühlte ich mich urplötzlich frei und konnte wieder klar denken.“

Auch über so etwas wie einen Dreier im Lotto darf Duffy sich freuen, denn ab und zu schicken die Barenaked Ladies einen Scheck. Unglaublich, aber BL-Sänger Steven Page fand durch die Lilac-Time-Sofaes zum Rock’n’Roll!

„Der Kontakt entstand 1985. Steven schrieb mir ein paar intelligente Briefe und hat dann in Toronto Lilac Time live gesehen. Ich hab mich aber nie bei ihm eingeschleimt Nein, Steven fragte mich irgendwann, ob ich ihm nicht ein paar Songs schreiben wolle. Ich schwöre: Für Matchbox 20 werde ich das niemals tun!“

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