Bevor man zur Parodie wird…

Es ist so leicht, The Offspring zu belächeln. Der Sänger, Dexter Holland, hat eine Frisur wie ein 13jähriger und hüpft auch so rum. Den Song „Seif Esteem“ mußte man dermaßen oft im Radio hören, daß es an Belästigung grenzte. Der Gitarrist heißt Noodles. Das aktuelle Album nennt sich ^Imerkana“, obwohl es wieder schlichter Punkrock ist, mit einigen poppigen und psychedelischen Ausflügen. Was will man mehr?

Man muß diese Kalifornier hassen. Schade nur, daß der jüngste Hit so mitgrölbar ist Vferschämt ertappt man sich beim Summen von „Pretty Fly (For A White Guy)“, einer Hymne auf die verzweifelten Bemühungen der weißen Teenies, so hip (und gefährlich!) wie schwarze Homeboys zu wirken. Daß The Offspring sich dabei derselben Sprache bedienen und ihrerseits hier den Crossover vollführen, ist die Ironie des popkulturellen Spagats. Das Video dazu ist obendrein auch recht witzig und so wohltuend unpathetisch, wenn man’s auf MTV zwischen R. Kelly und Emilia serviert bekommt!

Schon steckt der Konsument mittendrin im Dilemma: The Ofispring sind uncool, und The Ofispring machen Spaß. Noodles weiß das: „Wir sind zu lahm, um uns darum zu kümmern, was cool oder korrekt ist. Hat Punkrock neuerdings gar Regeln? Ich dachte, der Sinn der Sache sei’s, gegen alle Eingrenzungen anzukämpfen.“ Wenngleich sich Noodles‘ Kampf auf die Munitionierung der frustrierten Jugendlichen in ihrer Schlacht gegen die Repression beschränkte.

Als sich die CD „Smash “ 1994 dank ihrer diversen Hitsingles elfrnillionenmal verkaufte, hieß es plötzlich: Verrat! Kein Punk mehr! Pop-Mist! Eintagsfliegen! Dabei waren The Offspring genau wie die nicht minder erfolgreichen Green Day – seit Jahren dabei, und sie veröffentlichten immer noch auf Epitaph, dem Label ihrer Kollegen Bad Religion. „Völlig egaL was wir machen, immer wirft man uns Ausverkauf vor. Wir waren bei einem Indie-Label, kümmerten uns kaum um Presse oder Fernsehen – und trotzdem kamen irBevor man zur Parodie wird…

gendwelche Kinder an und beschimpften uns.“ Dann, dachten die vier wohl, können wir ja auch gleich zur Industrie wechseln – und die Sony-Tochter Columbia durfte sich freuen. Das just zu einem Zeitpunkt, da die Neo-Punk-Begeisterung für Green Day ebenso wie für The Offspring und andere Epigonen den Tiefpunkt erreicht hatte. Im nachhinein beschwört die Band mögliche rebellische Wege abseits der marktbeherrschenden Firmen: „Wir hätten auch aufDexters eigenem Label Nitro veröffentlichen können, aber der Streß hätte ihn wahrscheinlich umgebracht.“ Mit Mitte 30 darf man sich’s schon ein bißchen gemütlich machen, auch wenn die Kundschaft Sneakers und Baseball-Kappen trägt.

Wenn The Offspring auf den Rat eines geschätzten Kollegen hören, ist sowieso bald Schluß: Joey Ramone sagte uns mal, mit 40 solle man einpacken, bevor man zur Parodie wird. Das bedeutet, wir haben noch ungefähr fünf Jahre Zeit“

Welch Glück, daß der Markt für ihre Musik momentan größer denn je ist „In Amerika hat inzwischen jede Familie mindestens ein Kind mit grünen Haaren und Piercings.“ Die Rente scheint also gesichert Und die Zeiten, sie wiederholen sich: Nach grünen Haaren und Piercings kommen demnächst die Schweißbänder zurück.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates