Mit dem eigenen Plattenladen als Fundus plündert SOLEX Soundperlen aus aller Welt
Elisabeth mag Interviews. Noch. Bisher hat sie aber auch nur mit Journalisten aus Holland und Deutschland gesprochen. Jetzt geht es nach England und, naja, man hat sie gewarnt: „In England fragen dich die Leute angeblich nur nach deinem Privatleben; über Musik wollen die nicht reden. Ich verstehe das nicht. Wen interessiert denn, was ich zum Frühstück esse?“ Die Leifsteil-Idioten, möchte man da antworten. Die, die sich für Musik sowenig interessieren wie für alles andere, sich aber trotzdem mit irgend etwas beschäftigen müßten, weil sie sonst mit sich und ihrer Blödheit allein wären.
Elisabeth weiß das natürlich. Sie ist 32 Jahre alt, hat viel erlebt, Psychologie studiert, in etlichen Bands gespielt, führt heute in ihrer Heimatstadt Amsterdam einen Plattenladen und arbeitet nun auch noch unter dem Namen Solex an einer Solo-Karriere – ohne Manager übrigens, weil: „Den braucht man doch nur, wenn man als Gruppe verschiedene Interessen unter den Hut bringen muß – oder wenn man einfach nicht weiß, was man will.“ Elisabeth jedoch weiß, was sie will. Und für die Leifsteil-Fraktion hat sie deshalb keine Zeit.
Denn was Besseres gibt es immer zu tun: Geschäftliches erledigen zum Betspiel. Oder morgens, zum Frühstück, fernsehen. Und ganz besonders Platten nach Samples absuchen. Schlechte Platten! Nach guten Samples!! „Das ist für mich nämlich eine echte Herausforderung. Ich hol mir aus meinem Laden kistenweise CDs, den größten Mist, und hör die durch. Die Songs sind in der Regel furchtbar, aber es gibt immer mal wieder interessante Intros.“ Nicht zuletzt aus diesen Soundperlen entstand auch das Solo-Debüt „Solex vs. The Hitmeister“: „Wenn ich ein gutes Sample gefunden habe, überlege ich, zu welchem Stück es paßt. Ich arbeite immer an mehreren Titeln gleichzeitig. Bei einigen gibt es vielleicht nur eine Schlagzeug-Schleife, manche haben eine grobe Struktur und andere sind bereits fast fertig. Das ist ein bißchen wie Collagen machen.“
Trotzdem klingt Solex‘ Musik nie wie zusammengeklebt. Auf ihrem Debüt befinden sich zwölf durchkomponierte Songs, die vor allem durch ihre stilistische Bandbreite auffallen: Einflüsse der Gruppe X-Ray-Spex mit Punkschätzchen Poly Styrene stehen neben Melodien, die von der Drum’n’Bass-Diva Nicolette stammen könnten. Sounds, die New-Wave-Veteranin Daniele Dax gefallen hätten, wechseln sich ab mit Blues-angehauchten Arrangements und Techno-Einflüssen. Und weil Elisabeth auch indische Soundtracks geplündert hat, gibt es sogar eine Verbindung zur aktuellen India-Pop-Welle à la Cornershop. Ein Album wie ein Besuch in einem gut sortierten Plattenladen.
Kein Wunder, daß gleich mehrere Labels um Elisabeth warben. Sie entschied sich für Matador (Pizzicato Five, Yo La Tengo), eine von Überzeugungstätern geführte US-Firma. „Es war das erste Mal, daß sie auf ein unaufgefordert eingesandtes Tape geantwortet haben. Sie schickten mir ein Ticket – ich flog nach New York. Ich war noch nie dagewesen, und natürlich war es ein fantastischer Trip, eine Superstadt, es ist soviel los, man trifft alle möglichen Leute, alles passiert gleichzeitig.“ Und Solex war mittendrin.
Aber da, in der Mitte des Geschehens, wird sie wohl auch noch eine Weile bleiben. Denn das hier war nur der Anfang. Die Solex-Geschichte beginnt – jetzt.