Während Nashville noch pennt, hat GREG GARING Country in neue Fahrwasser gelenkt
Gäbe es Greg Garing noch nicht, ein gewiefter Marketing-Manager hätte ihn in naher Zukunft garantiert erfunden. Denn Garing wagte sich an eine Fusion, die bis dato noch ausstand: Bluegrass präsentiert sich im TripHop-Gewand! Garing, ein junger Typ, der bei Bill Monroe, dem Gottvater des lonesome sounds, quasi auf dem Schoß saß, entdeckte die schöne neue Loops & Sampling-Welt – ein Zauberlehrling auf dem Weg ins New Millenium!
Mutmaßungen, die Musik seines Debütalbums „Alane“ sei „ein bloßes Konstrukt, das nur auf dem Papier funktioniere“ (so das US-Magazin „Pulse“), bringen den fast 32-jährigen Thin Black Duke auf die Palme. „Ich habe nichts zusammengezwungen“, entgegnet Garing, der mit 18 nach Nashville ging. Viel Gefallen an der Stadt selbst fand der Autodidakt aus Erie/Pennsylvania nie; aber dort lebten und spielten halt all seine Bluegrass-Helden: der kauzige Monroe, ein „gothic character“ (Garing) ohne soziale Erdung, der schillernde Jimmy Martin, den seine Anhänger mit Jerry Lee Lewis verglichen. Greg Garing schaute, lernte und spielte. Und verschliß in den Jahren seiner musikalischen Selbstfindung fast 40 Sidemen in seiner Honky Tonic-Band.
Irgendwann wachte Nashville auf, hypte eine Szene, die „es nicht wirklich gab“ (Garing), wollte aus ihm einen „neuen Hank Williams machen. Dabei war doch längst Garth Brooks zum Gott erklärt worden, ein „Anti-Hank“, der „aus Country-Musik einen Witz gemacht“ hatte. Garing lehnte alle Offerten ab, denn „sie meinten das ja nicht wirklich. Meine traditionelle Musik kümmerte lange Zeit niemanden, doch auf einmal sollte sie populär sein! Dabei wollte ich nur das fortsetzen, was Bill und Hank getan hatten. Die bedienten sich des Liedguts, das sie kannten, und verknüpften es mit moderner Musik – zu ihrer Zeit Blues und Jazz. Die natürliche und zeitgemäße Fortentwicklung bedeutete für mich also, mich des HipHops zu bedienen, ein paar Beats zu integrieren. So entdeckte ich Bands wie Garbage und Portishead, und daraus resultiert das, was ich jetzt mache.“
Der jüngsten Bluegrass-Renaissance begegnet der seit zwei Jahren in New York ansässige Garing mit Zynismus. Diese Musik gefalle ihm nicht, weil sie den notwendigen Respekt vermissen lasse; diesbezüglich sei Bill Monroes Tod der Auslöser gewesen. „Erst wenn wieder jemand abtritt, wachen die Amerikaner auf und heucheln Bewunderung. Ich habe Bill bestimmt fünfzigmal spielen sehen, vor weniger Leuten als jetzt hier im Raum sind (4 – Red.). Nashville habe Monroe „armselig“ behandelt. Denn trotz all seiner offenkundigen Defizite hätte man ihm schon zu Lebzeiten den Respekt für sein Lebenswerk nicht versagen dürfen, denn „ohne ihn wären viele Dinge sicher ganz anders gelaufen, bis hin zum Rock’n’Roll“. Seine tiefe Verbitterung, räumt Garing ein, sei sicher auch Resultat seiner Trauer darüber daß Bill dies alles leider nicht mehr miterleben könne“.
Und welchen Respekt bringt man seiner Musik in Nashville entgegen? Wird der prodigal son gar dorthin zurückkehren, wo er sich als Künstler die ersten Sporen verdiente? Garing: „Viele Country-Typen dort verstehen ‚Alone‘ nicht. Aber ich würde einen Batzen Geld drauf setzen, daß sie in fünf Jahren alle mit Loops und Samples arbeiten.“