ICH IST EIN ANDERER

Dieser Mann schien kein Geheimnis zu sein. Seine Männerseele hat er hinausgebrüllt mit japsender Stimme und der verquälten Ernsthaftigkeit des betroffenen Bioladen-Bundesbürgertums. Und nun trägt „Uns Herbert“ ein Satin-Hemd zum glamourösen Jacket Blondierten ScheiteL Charmantes Lächeln. Dazu – etwa Capuccino? Etwas linkisch seine Lässigkeit zwar. Dennoch: Entpuppt der Sensibilist sich als Schöngeist? Hat er sich von Jarvis Cocker inspirieren lassen oder doch von Westernhagen? Ein Imagelifting für das Comeback? Der Berghoff-Effekt des Jahres.

Abgesehen vom Doppel-Album „Live“ und „Unplugged“ hat Grönemeyer fast vier Jahre nichts von sich hören und sehen lassen – und keiner nach ihm gefragt. „Bleibt alles anders“ verkündet sein neues Studioalbum, das am 21. April veröffentlicht wird – programmatisch für des Deutschrockers neue Kleider und doch ihre Negation. Seine kommende Tournee ist bereits fast ausverkauft. Da bleibt also alles beim alten. Anders sieht es bei seiner Plattenfirma aus. Grönemeyers Vertrag mit der EMI war ausgelaufen – und bis Redaktionsschluß nicht zu erfahren, wo die neue Platte erscheint. Offenbar hat er sie auf eigene Kosten produziert, und es wurde gemunkelt, er könnte sie statt von EMI oder anderen Majors bei dem Neuling V2 vertreiben lassen. Immerhin war die Geschäftspolitik der Konzerne dem Gutmenschen ja oft zu raffgierig.

Zwischen Luxus und Chaos setzt Grönemeyer zu spannenden Sprüngen an – was immer auch bleibt.