Das Empire schlägt zurück
Da ist zum einen das talentierte Powerpop-Trio aus Basel, trotz junger Jahre schon mit erstaunlicher Bühnen-Routine gesegnet. Seit dem denkwürdigen Tag, an dem sie einen Schweizer Nachwuchswettbewerb gewannen, wissen Lovebug aus praktischer Erfahrung, daß das Touren als support-band alles andere ab Zuckerschlecken ist Trotzdem brachte man bislang das Publikum für headliner wie etwa Therapy, die Boo Radleys, die Young Gods oder Mark Owen auf Betriebstemperatur – stets zu beiderseitiger Zufriedenheit.
Da ist zum anderen die halbwegs etablierte Britpop-Combo aus Birmingham, die seit ihrer Debüt-Single „Sway“ als next big thing gefeiert wurde, den tatsächlichen Durchbruch aber auch erst nach langen Tingeljahren als Vorgruppe (etwa von Oasis) schaffte. Für ihren Mentor Paul Weller standen Ocean Colour Scene zudem zeitweise als Begleittruppe ständig abrufbereit Ihr zweites Album „Moseley Shoals“ brachte sie 1996 dann endlich auf die Erfolgsschiene, seit Oktober ’97 sind O.C.S. mit „Marchin‘ Already“ zumindest im heimatlichen England ganz oben. Und genießen den neuen Superstar-Status.
Nun könnte man meinen, daß Spät-Mods aus Birminghams Arbeitermilieu – mit entsprechender credibility und einem nostalgischen Faible für LW-Vorbilder wie Jeff Beck oder die Faces – Kameradie und den kollektiven Spaß am Spiel zu schätzen wissen. Zumal man noch die rührenden Worte von O.GS.-Sänger Simon Fowler im Ohr hatte: „Wir sind nicht auf dem Star-Trip, wir gehen noch in den gleichen Pub wie früher.“
Mag sein, daß sie dort auch mal nett sind und gar eine Lokalrunde werfen. Auf ihrer letzten Deutschland-Tour gerierten sie sich hingegen wie frustrierte Diven beim mißlungenen Comeback-Versuch. Mit der britischen Bands so eigenen Arroganz kultivierte man die klassische Kolonialherren-Mentalität, die „Rest-Europa“ als musikalisches Entwicklungsland abzutun pflegt.
Durch die leidvollen Erfahrungen einer anderen „Vorgruppe“ (Heinz aus Wien) gewarnt, schwante den Lovebugs bereits, daß die acht Gigs Ende ’97 keine Kaffeefahrt werden würden. Trotzdem machte man sich unverdrossen („Wir wissen, was wir live können“) auf die Reise. „Bis dahin hatten wir mit unseren Headlinern nur gute Erfahrungen gemacht. Mark Owen beispielsweise bot uns spontan seine Garderobe an, als es einmal für uns keinen Raum gab.“
Bei O.GS. – man ahnt es – gab’s nie einen Raum. Zum Essen durften sie kurz in den Catering-Bereich, hatten aber glücklicherweise einen guten Draht zum Koch. Doch auch der Mann am Herd hielt die britischen Umgangsformen („Laufend landete das Essen an der Wand“) nicht lange aus und machte sich von dannen. Kam einer der Herren Popstars einmal vorzeitig zum Essen, hieß es gleich: „Ist die Scheiß-Band immer noch da?“ Die vertraglich festgelegten 45 Minuten Auftritt wurden kurzerhand auf 30 reduziert, die Nutzung bestimmter Treppen und Gänge kategorisch verboten. Man bestand gar darauf, daß die Lovebugs nie von derjenigen Seite die Bühne betreten durften, die für O.S.C. reserviert sei. Das Aufhängen eines Lovebugs-Plakates während ihres Auftrittes war nicht erlaubt, der T-Shirt-Verkauf im Foyer unerwünscht. Begegnete man sich doch mal hinter der Bühne, stimmte O.CS.-Bassist Minchella gern ein „“Ybu’re a bunch of wankers, la-lala-la“ an. Doch selbst das konnte die Eidgenossen nicht aus der Ruhe bringen. „Die waren echt frustriert. Während wir wußten, daß wir live immer abräumen. Eine Band muß sich über ihre Musik bestätigen. Nur das zeichnet echte Stars aus.“
Daß vermudich auch der deutlich höhere Zuspruch, den die smarten, gutgelaunten Schweizer beim weiblichen Publikum verbuchen konnten, die letzte Chance auf eine friedliche Ko-Existenz zunichte machte, sei nur als Fußnote erwähnt Der wahre Grund, vermutet man im Lovebugs-Lager, sei wohl der, daß sich O.S.C. an dieser Vorgruppe die Zähne ausgebissen – und sie, völlig entnervt, vor den letzten Gigs gefeuert habe.
„Was Besseres konnte uns überhaupt nicht passieren. In der Schweiz hat diese Geschichte richtig Schlagzeilen gemacht. Und alle fragen sie uns: ,Gibt’s so was wirklich immer noch? 1 Eigentlich müssen wir den Typen dankbar sein.“